Wer bin ich?

Fremdbezeichnung und Selbstwahrnehmung: "Umsiedler" oder "Vertriebene"

Wie in vielen Diktaturen gab es auch in der SBZ und DDR eine starke Kluft zwischen offiziell eingeführten Begriffs- und Sprachregelungen und dem im privaten Umgang der Menschen gesprochenen Wort. In besonderem Maße galt dies für die Heimatvertriebenen.

Bei Behörden, in den Medien und in der Öffentlichkeit in der SBZ und DDR durften nur die Begriffe "Umsiedler" oder seltener "Neubürger" benutzt werden. Das war von der Sowjetischen Militäradministration bei der Gründung der "Zentralverwaltung für Umsiedler" so angeordnet worden. Dies war insofern bemerkenswert, als den Begriff "Umsiedler" wenige Jahre zuvor die Nationalsozialisten verwendet hatten, um die vom Baltikum bis Bessarabien "Heim ins Reich" geholten "Volksdeutschen" zu bezeichnen. Tabu waren in der SBZ und DDR die Begriffe "Flüchtling" und erst recht "Vertriebener". Etwa im Jahre 1950 wurde selbst der Begriff "Umsiedler", der die tatsächlichen Vorgänge verharmloste, aus dem öffentlichen Sprachgebrauch verbannt, weil er eine spezifische Gruppenidentität zum Ausdruck gebracht hatte.

Fortan war höchstens noch von "ehemaligen Umsiedlern" die Rede, das Umsiedlerthema wurde formal als nicht existent betrachtet und stillgeschwiegen. Die offiziell vorgegebenen Begrifflichkeiten in der SBZ und DDR hatten innenpolitische und außenpolitische Aspekte. Nach innen wollte die SED einen homogenen Staat schaffen, in dem es keine Gruppen geben sollte, die gesonderte Interessen verfolgten wie das Offenhalten der Frage der deutsch-polnischen Grenze oder die Rückkehr in die Heimat.

Nach außen sollte die Siegermacht Sowjetunion als "Befreier vom Faschismus" gelten. Die Nachbarstaaten Polen und Tschechoslowakei, politisch und wirtschaftlich nach der UdSSR die wichtigsten Partner, sollten als "Bruderstaaten" und "Brudervölker" betrachtet werden, nicht als Vertreiber der deutschen Bevölkerung.

Die Betroffenen selbst empfanden die Bezeichnung "Umsiedler" oder "Neubürger" als Verharmlosung oder gar Verhöhnung ihres Schicksals. Das staatlich verordnete Schweigen über das Unrecht von Flucht und Vertreibung, über die erlittenen Verluste an Hab und Gut, über die Toten und nicht zuletzt auch über die traumatischen Erlebnisse während des Fluchtgeschehens konnte die Betroffenen nicht davon abhalten, Formen und Wege zu finden, miteinander im Kontakt und im Gespräch zu bleiben. Privat, innerhalb dieser Gruppen und im eigenen Selbstverständnis blieben insbesondere die Älteren lange Zeit vertriebene und traumatisierte Menschen, die ihrer Heimat nachtrauerten und von Rückkehr träumten. Sie empfanden und bezeichneten sich als "Vertriebene" und grenzten sich damit bewusst von der einheimischen Bevölkerung ab.

Die Lebenswirklichkeit verlangte aber Überlebensstrategien. Das bedeutete Unterkunft und Arbeit zu finden und sich ein Leben jenseits der Träume von Rückkehr und Heimat aufzubauen, sich mit dem System zu arrangieren - kurzum einen Platz in der neu entstandenen DDR zu finden.

"Umsiedler" aus SED-Sicht

Umsiedler sind diejenigen Personen, die auf Grund internationaler Beschlüsse als Deutsche ihren Heimatort verlassen mußten sofern sich dieser außerhalb der jetzigen Grenzen befindet und die als

Umsiedler in das Gebiet der jetzigen deutschen Besatzungszonen aufgenommen wurden. Die Staatsangehörigkeit ist für alle Umsiedler geklärt, die die deutsche Staatsangehörigkeit auf Grund der Tatsache besaßen, dass die innerhalb der am 1. Januar 1938 bestehenden Grenzen des Deutschen Reiches ansässig waren. Umsiedler, deren Heimatgebiet sich außerhalb der Grenzen Deutschlands nach dem Stande vom 1. Januar 1938 befand und die auf Grund der Tatsache, dass sie Deutsche sind, ihr Heimatgebiet verlassen und sich in das Gebiet der jetzigen deutschen Besatzungszonen begeben mussten, sind in rechtlicher Beziehung den deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen.

© Paul Merker, Die nächsten Schritte zur Lösung des Umsiedlerproblems, herausgegeben von Zentralsekretariat der SED, 1947

§

Wer ist Vertriebener?

Vertriebener ist, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger seinen Wohnsitz in den ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten oder in den Gebieten außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstande vom 31. Dezember 1937 hatte und diesen im Zusammenhang mit den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung, insbesondere durch Ausweisung oder Flucht, verloren hat. Bei mehrfachem Wohnsitz muss derjenige Wohnsitz verloren gegangen sein, der für die persönlichen Lebensverhältnisse des Betroffenen bestimmend war. Als bestimmender Wohnsitz im Sinne des Satzes 2 ist insbesondere der Wohnsitz anzusehen, an welchem die Familienangehörigen gewohnt haben.

Vertriebener ist auch, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger 1. nach dem 30. Januar 1933 die in Absatz 1 genannten Gebiete verlassen und seinen Wohnsitz außerhalb des Deutschen Reiches genommen hat, weil aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen gegen ihn verübt worden sind oder ihm drohten. [...]

Auszug aus § 1 Bundesvertriebengesetz

© ZgV

Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz (BVFG), 1953

Im Gegensatz zur DDR gab es in Westdeutschland ab 1953 das Bundesvertriebenengesetz, in dem Definitionen für Vertriebene, Umsiedler, Sowjetzonenflüchtlinge, Aussiedler und Spätaussiedler formuliert sind und in denen die Rechte der Vertriebenen und Flüchtlinge geregelt waren.

© ZgV

Ausweis für Vertriebene und Flüchtlinge

Dieser Ausweis wurde im Jahre 1955 für eine Vertriebene in Braunschweig, Niedersachsen ausgestellt, die seit November 1948 ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte. Nach der Vereinigung gab es für die Vertriebenen in der DDR keine ähnlichen Ausweise. Lediglich im Zusammenhang mit der Prüfung des Anspruches auf eine Vertriebenenzuwendung erfolgte die verbindliche Feststellung der Vertriebeneneigenschaft.

© ZgV

Ostausweis, ausgestellt für Franz Zinhack, 5. September 1945

© picture alliance / Konrad Giehr

30.000 Menschen zum „Tag der Heimat“ in der Berliner Waldbühne

Alljährlicher Höhepunkt für viele Vertriebene in der Bundesrepublik und in der DDR war die Teilnahme am „Tag der Heimat“ in der West-Berliner Waldbühne, zu dem sich Zehntausende aus West und Ost versammelten. Hier sprach der Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, den Vertriebenen aus der Seele. Hier traf man auf Freunde und Verwandte aus der Heimat und konnte sich austauschen. Das Bild wirft einen Blick in die Waldbühne mit einer Trachtengruppe während der Kundgebung zum „Tag der Heimat“ am 14. September 1958. Rund 30.000 Heimatvertriebene trafen sich an diesem Tag in der Waldbühne. Nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 waren diese Zusammenkünfte nicht mehr möglich. Nur noch Rentner konnten die DDR verlassen und nach West-Berlin oder ins Bundesgebiet reisen.

DDR-politisch korrekt: Vertriebene sind Umsiedler

Hans Reichelt, DDR-Umweltminister, hat als junger Mann die Heimat verloren. In „Vertrieben – Das Schweigen in der DDR“ spricht er über „Umsiedler“ und „Vertriebene“.

Der im Jahre 2006 gesendete MDR-Fernsehbeitrag kann über den Button abgerufen werden. Dauer 00:58 Minuten

© MDR FERNSEHEN, 7. November 2006

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Dr. Edith Kiesewetter-Giese, geb. 1935 in Neu Titschein, Sudetenland berichtet

Man bleibt unter sich. Das geht den anderen gar nichts an. So war es eigentlich in der Familie von meinem Mann auch. Man blieb auch unter sich und man hat die Fühler ausgestreckt zu Leuten, die aus der gleichen Gegend kamen. Ja, kenne ich auch. Bloß meine waren ja alle im Westen, da konnte ich gar nichts machen. Aber es war halt schon so in der DDR, der erste Kampf war ja, dass wir uns als „Umsiedler“. […] Dagegen haben wir ja protestiert. Wir waren keine „Umsiedler“, wir waren rausgeschmissen. Ja, und dann gab es ja in der DDR noch etwas. Gerade aus der Tschechoslowakei kamen ja sehr viel Genossen. Also, die Kommunisten waren ja in der Tschechei ganz gut verstreut und die haben dann auch so Arbeitskollegen, sind hergezogen und dann haben die so Genossenschaften gegründet. Also die haben sich auf die Art über ihren Beruf zusammengefunden, haben dann ihre Feste gefeiert. […]

Das im Jahre 2023 aufgenommene Interview kann über den Button abgerufen werden

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Werner Heiduczek, geb. am 24. November 1926 in Hindenburg, Oberschlesien empfand sich als Vertriebener

Es war doch so: man hat ja nicht gesagt, Vertriebene, sondern Umsiedler. Wir waren aber keine Umsiedler! Wir sind mit Gewalt aus diesen Ländern vertrieben worden, ich als Soldat nicht mehr, ich war schon draußen. Aber ich konnte nicht mehr zurück. Ich bin ein Heimatloser. Ich konnte nicht zurück, und so war es mir in der Ostzone völlig egal, wohin mit mir. Es war mir gleichgültig, wo ich lebte. […]

© Heinz Drewniok, Zweite Heimat Sachsen, Lebenswege deutscher Flüchtlinge und Vertriebenen, Dresden 2007

Ein Neulehrer mit kritischer Haltung zur SED berichtet

Denn als es um einen Gegenbesuch bei den polnischen Schulpartnern in Neusalz a. O. / Nowa Sól ging, die sich bei ihrem Besuch in Frankfurt a. d. Oder zum Entsetzen aller SED-Funktionäre als ‚Schule aus Neusalz‘ vorgestellt hatten, wurde mir doch bedeutet, dass man befürchte, meine Teilnahme als Schlesier könne Unfrieden stiften. Dass ich nicht in die entstehenden ‚Kampfgruppen der Arbeiterklasse‘ berufen wurde, wunderte mich bei meinem fehlenden proletarischen Hintergrund nun wirklich gar nicht, erfreute mich eher, machte aber deutlich, dass meine Kompetenzen zwar für die gegenwärtige antifaschistisch-demokratische Entwicklungsstufe der DDR nützlich waren, der Aufbau des Sozialismus mir aber alle leitenden Funktionen verschließen werde.

© Peter Bahl, Belastung und Bereicherung, Vertriebenenintegration in Brandenburg ab 1945, Berliner Wissenschaftsverlag 2020

Ein Potsdamer Lehramtsstudent, der seine sudetendeutsche Heimat 1945 als Zehnjähriger hatte verlassen müssen, erlebte – obgleich linientreues SED-Mitglied – ähnliche Vorbehalte

Seit Mitte der 50er Jahre hatten die Beziehungen der Pädagogischen Hochschule Potsdam zu ausländischen Partnereinrichtungen begonnen, unter anderem zur Prager Karlsuniversität, und im Jahre 1957 sollte auch eine Delegation von Angehörigen des Historischen Institutes die CSR besuchen. Ich rechnete erfreut mit meiner Teilnahme. Außerdem wäre es meine erste Auslandsreise gewesen; denn damals war Westdeutschland noch nicht ausdrücklich zum Ausland erklärt worden. Aus meiner Teilnahme wurde nichts, erst 1964 sollte ich CSR-Boden betreten und meine alte Heimat wiedersehen. Warum nicht? Gehörte ich nicht zur Leistungsspitze, war ich nicht gar der Agitation im Westen für würdig befunden worden? Ein besonders linientreuer Genosse und Kommilitone (der wurde später ein ‚Reisekader‘) erläuterte mir ernsthaft, ich sei doch ehemaliger Sudetendeutscher und meine Teilnahme könne, was heißt könne, würde bestimmt die tschechischen Gastgeber stören. Ob damit seine eigene Teilnahme begründet und ermöglicht werden sollte, weiß ich nicht, aber meine Enttäuschung kann ich noch heute fühlen. Und erst recht heute schüttle ich den Kopf über diese dumme Begründung, vor allem aber darüber, dass sie mir zuguterletzt sogar einleuchtete.

© Peter Bahl, Belastung und Bereicherung, Vertriebenenintegration in Brandenburg ab 1945, Berliner Wissenschaftsverlag 2020

Oswald Wöhl, geb. 1941 in Neustadt an der Tafelfichte, Sudetenland berichtet

Der Krieg war mit der Kapitulation im Mai beendet. Und wir haben das Jahr 1946, Juni, Juli geschrieben und sind im August 1946 hier angekommen. Wir waren Heimatvertriebene und wir sind Heimatvertriebene, weil es gegen den Willen der Betroff enen geschah. Ob man es nun nennt, wie es auch die Tschechen gebrauchen, Abschub, Transfer, Umsiedlung. Richtig ist, es war eine Vertreibung.

Das im Jahre 2023 aufgenommene Interview kann über den Button abgerufen werden

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In der von sudetendeutschen „Antifa-Umsiedlern“ gegründeten Gemeinde Zinna / Neuheim stellte der Chronist Hans Schmutzer schon 1966 fest

An Bräuchen und Sitten aus der alten Heimat hat sich nichts erhalten. Nur einige Jahre sah man das Eierabholen der Kinder zum Gründonnerstag von den Verwandten. Lediglich die Sprache aus dem Iser-Gebirge blieb Gewohnheit der älteren Bewohner.

© Peter Bahl, Belastung und Bereicherung, Vertriebenenintegration in Brandenburg ab 1945, Berliner Wissenschaftsverlag 2020

Eine Angehörige der 1946 in Werder (Oderbruch) als geschlossene Gruppe angesiedelten Dobrudscha-Deutschen schrieb im Alter rückblickend über die schwierigen Anfänge

Vieles geschah in verwandtschaftlicher Gemeinschaftsarbeit. In Werder wurden wir heimisch und fanden Geborgenheit. Hier sprach man die vertrauten Mundarten, sang die alten Lieder und kochte die besonderen Speisen. Doch trotz des großen Fleißes und der sichtbaren Erfolge als Bauern und in anderen Berufen waren wir viele Jahre Ausgegrenzte durch unsere Herkunft und Andersartigkeit in Sprache, Frisur und Kleidung. Erst im Laufe der Jahre akzeptierte man unsere Leistungen in der Schule und im Beruf.

© Peter Bahl, Belastung und Bereicherung, Vertriebenenintegration in Brandenburg ab 1945, Berliner Wissenschaftsverlag 2020

Koexistenz oder Gemeinschaft?

Vertriebene und Einheimische

Die Aufnahme der mehr als vier Millionen Vertriebenen stellte die Sowjetische Militäradministration SMAD, die DDR-Regierung und die alteingesessene Gesellschaft vor große Herausforderungen. Zunächst wurde die große Mehrheit von ihnen in ländlichen Gebieten angesiedelt. Dort trafen sie auf homogene gesellschaftliche Strukturen und Menschen, die an anderen Traditionen und Gewohnheiten festhielten und wenig Interesse für Innovationen und Kontakte mit den unbekannten Heimatlosen aus dem Osten zeigten. Die Vertriebenen selbst konnten sich ebenso nur schwer den Gegebenheiten auf den Dörfern und in den Kleinstädten anpassen.

Die SMAD und später die SED setzten bei der Unterbringung der Vertriebenen vor allem auf Einquartierung in bestehende Wohnhäuser und Bauernhöfe. Die betroffenen Hausbesitzer und Landwirte akzeptieren diese Maßnahmen meist nur widerwillig. Sogar die spärliche Versorgung der Vertriebenen mit Kleidung, Nahrungsmitteln und Möbeln durch die zuständigen Behörden und die "Volkssolidarität" rief vielerorts Neid und Missgunst bei der alteingesessenen Bevölkerung hervor. Selbst bei kirchlichen Organisationen kam es zu Verteilungskonflikten. Als die Caritas im katholischen Eichsfeld Nahrungsmittelspenden aus dem Ausland an vertriebene Senioren und Pflege- bedürftige unter den Vertriebenen verteilte, kam es zu Beschwerden der örtlichen Kirchengemeinden, die sich benachteiligt fühlten.

Die Situation entschärfte sich erst im Laufe der Jahre durch den wirtschaftlichen Aufschwung in der DDR. Die allgemeine Versorgung mit Nahrungsmitteln und Gebrauchsgütern verbesserte sich. Gleichzeitig zogen viele Vertriebene aus den Dörfern in die industriellen Zentren, um dort Arbeit zu finden. Dennoch blieben Vertriebene oft unter sich, weil sie durch ihre Herkunft, Religion und das Schicksal verbunden waren und nur in kleinen vertrauten Kreisen darüber sprechen und das Geschehene reflektieren konnten.

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© Fotografie und Text: Gerhard Weber (www.weber-photodesign.de)

Das Foto von Gertrud und Paul Merker entstand 1974 im kleinen Dorf Erlin an der Muldenvereinigung unweit von Colditz in Sachsen. Zum Zeitpunkt der Aufnahme waren sie 76 Jahre alt.

Bis 1945 besaßen die Merkers einen kleinen Bauernhof im Ort Heinersdorf im Raum Breslau in Schlesien. Im Frühjahr 1945 flüchtete Gertrud Merker mit ihren beiden Kindern, zwei Pferden und einem Planwagen vor der anrückenden Roten Armee aus ihrem Heimatort bis nach Schönbach bei Colditz. Paul Merker war zu diesem Zeitpunkt noch in Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Rückkehr erhielten die Merkers eine Neubauernstelle bei Oschatz/Wermsdorf, von wo aus sie später nach Erlin zogen. Für die Fotoaufnahme legte das Ehepaar bewahrte Kleidungsstücke aus Schlesien an und setzte sich vor das Bild ihres einstigen Hofes. Das Gemälde hatte Paul Merker in Auftrag gegeben.

Das Buch „Vertriebene in SBZ und DDR“ kann über den Button abgerufen werden

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© Herta Mahlo (Privat)

Herta Mahlo mit Kollegen bei der Reichsbahn

Herta Mahlo (im Bild rechts) hat 1950 bei der Reichsbahn als Wagenreinigerin angefangen. Nach kurzer Zeit war sie Schaffnerhelferin und schließlich machte sie eine Ausbildung zu Triebwagenführerin. Sie war eine der ersten Triebwagenführerinnen der DDR. Bis 1961 fuhr sie die S 61 in ganz Berlin, danach im Berliner Osten. Unter ihren Kollegen waren auch Vertriebene, man sprach aber nicht darüber und es machte auch keinen Unterschied, ob jemand vertrieben wurde oder Einheimischer war.

© Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv Dresden, 11377 Landesregierung Sachsen – Ministerium des Innern, Nr. 2379

Nachfrage der Umsiedlerabteilung der Landesregierung Sachsen an die Lager Elsterhorst und Neuwiese bei Hoyerswerda zu einem Bericht über Straftaten von Lagerinsassen vom 3. Juni 1947

© Herta Mahlo (Privat)

Herta Mahlo mit Kollegen bei der Reichsbahn

Das Bild ist Mitte der 1960er Jahre entstanden und zeigt Frau Mahlo (zweite von links) inmitten ihrer Arbeitskollegen. In den späteren Jahren studierte Frau Mahlo Polnisch, übersetzte und engagierte sich ehrenamtlich in der Friedensarbeit. Auch heute setzt sie sich für Verständigung mit unseren östlichen Nachbarn ein und tritt als Zeitzeugin auf.

Filmausschnitt aus „Damals in der DDR“

Vier Millionen Menschen suchen in der Sowjetischen Besatzungszone eine neue Heimat – Christel Köhler ist eine von ihnen und erzählt.

Der Filmausschnitt kann über den Button abgerufen werden. Dauer 4:03 Minuten

© MDR FERNSEHEN

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Johanna Danne aus Schlesien berichtet von einem FDJ-Treffen im Jahre 1949

1949 war ich, ein junges Flüchtlingsmädchen aus Schlesien, das in Thüringen gelandet war, Lehrling bei der Konsum-Genossenschaft in Jena. Ich wollte Verkäuferin werden. Unter den vielen jungen Leuten meiner Lehrstelle war ich beinahe als Einzige nicht in der Jugendorganisation FDJ. Für Pfi ngsten war in Eisenach ein FDJ-Treff en geplant; ich wurde eingeladen, als Gast mitzufahren. Sie suchten geradezu Gäste, denn es gab bei uns kaum jemanden, der nicht in der FDJ war. Zuerst wollte ich nicht. Dann dachte ich an die schöne alte Wartburg, an die Geschichte der Stadt und ließ mich überreden. Auch meine Tanten, bei denen ich wohnte, hatten nichts dagegen. Ich staunte besonders über Tante Hilde, die es sonst gar nicht gern sah, wenn ich woanders übernachten wollte.

© Im Konsum gibs Bananen, Alltagsgerschichten aus der DDR, Zeitgutverlag GmbH, Berlin, 2017

Dr. Edith Kiesewetter-Giese, geb. 1935 in Neu Titschein, Sudetenland berichtet

Und da ich ja aus der Tschechei kam, kriegte ich zum Beispiel nie eine Dienstreise in die Tschechoslowakei. Ich konnte in die Sowjetunion fahren, ich konnte nach Moskau fahren, ich konnte nach Ungarn fahren, konnte überall hinfahren, auf Dienstreise mit meinem Fach. Ich habe nie eine Dienstreise nach Tschechien bekommen. […] Und da, wenn man nicht ganz blöd ist, weiß man ja warum. Und dann habe ich mich danach gerichtet. Dann habe ich gesagt: Ich will mein Leben leben und ich will mir das von denen nicht verderben lassen. Und so habe ich mich dann benommen, kann man mir vorwerfen. Und mit der Zeit wusste man ja, wer kommt auch aus dem Sudetenland oder wer kommt aus Schlesien. […]

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Oswald Wöhl, geb. 1941 in Neustadt an der Tafelfichte, Sudetenland berichtet

Wir sind bis in die 1955er Jahre auf das Übelste beschimpft worden als die sogenannten Sudetengauner: „Wir brauchen euch nicht und wenn ihr euch anständig zu Hause aufgehalten hättet, dann hättet ihr bleiben können. Und wenn ihr so viel hattet, wie uns immer erzählt wird, Haus und Hof und Hab und Gut, warum habt ihr denn nichts mitgebracht? Ihr habt ja gar nichts.“ Und wenn Wäsche auf der Leine war, dann hieß es: „Die Sudetengauner kommen, nehmt die Wäsche von der Leine. Die stehlen euch das alles.“ Würde man das ins Verhältnis setzen, dann hätten die in dem Kreis Hagenow Vertriebenen ja eigentlich logischerweise das Sagen haben müssen. Ging ja aber nicht, denn das war ja nicht zugelassen. Jegliche Organisierung von Heimatvertriebenen gab es nicht. Wir wurden ja als „Umsiedler“, als „Neubürger“, das war dann das letzte Wort, bezeichnet.

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Dora Schneider, geb. 1937, erzählt, wie schwer es für ihre Familie war, wieder Halt zu finden

Großmutter, meine kleine Schwester und ich fanden verlaust und verdreckt unseren Vater wieder. Wir wurden nun „Polacken“ genannt und bekamen im Kohlekeller des Zimmervermieters meines Vaters eine Unterkunft. Der Hausbesitzer war nicht gewillt, fünf Umsiedler in die Wohnung zu nehmen, obwohl er eine Villa sein Eigentum nannte. Es gelang uns 1946, eine erbärmliche, kleine, dunkle Behausung zu bekommen, in der wir zwischenzeitlich mit fünf Erwachsenen und zwei Kindern kampierten. Bis zu meinem 18. Lebensjahr hatte ich kein eigenes Bett. Erst 1973 haben wir nach jahrelangen Bemühungen eine kleine Wohnung für meine Eltern bekommen.

© Treibgut des Krieges, Zeugnisse von Flucht und Vertreibung der Deutschen, Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. (Hg), 2008

Johanna Rüger und Tochter Regina Bierbaum erzählen

Man verteilte uns auf die Dörfer Sachsens, und es begann ein neuer Lebensabschnitt. Die ersten Jahre waren zwar nicht einfach, doch das Gefühl, endlich wieder Mensch sein zu können, ließ alle Widrigkeiten in den Hintergrund treten. Zudem unterstützen uns auch die Leute aus der Umgebung tatkräftig und reichen uns so manches Notwendige, Teller, Besteck, ein Kleidungs- oder Wäschestück. Die Schule holten wir nach, wurden langsam gesund und freuten uns über jeden kleinen Erfolg, der uns weiterbrachte. So wurde mein Leben trotzdem lebenswert, durch Lernen, Arbeiten, Glauben an Gott und sich selbst.

© Treibgut des Krieges, Zeugnisse von Flucht und Vertreibung der Deutschen, Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. (Hg), 2008

Im hohen Alter erinnert sich eine Schlesierin an ihre Erlebnisse 1945, damals junge Mutter

So kamen wir bis in den Spreewald. Zuerst haben wir in den Wäldern rumgelegen. Dann kamen wir in Lübben in eine leergeräumte Wagenhalle. Nach und nach wurden die Leute auf die Dörfer verteilt. […] Die Bauern wollten uns Flüchtlinge nicht, besonders nicht die mit Kindern, weil die vielleicht zu viel gegessen haben.

© Peter Bahl, Belastung und Bereicherung, Vertriebenenintegration in Brandenburg ab 1945, Berliner Wissenschaftsverlag 2020

Glaube und Partei im Widerstreit

Kirche, Christen und die SED

Seit der Reformation im 16. Jahrhundert zählte das Gebiet der späteren SBZ und DDR zu den Kernländern des Protestantismus in Deutschland. Nur wenige Gebiete wie das Eichsfeld und die Rhön in Thüringen sowie Teile der sächsischen Oberlausitz waren überwiegend katholisch geprägt. Die Vertriebenen aus Schlesien und dem Sudetenland erhöhten den Anteil der katholischen Christen in der SBZ. Es fehlten katholische Gotteshäuser und Geistliche, so dass die Katholiken ihre Gottesdienste teilweise in evangelischen Kirchen abhalten mussten.

Die Kirchen boten den Vertriebenen nicht nur seelsorgerische Unterstützung, sondern auch soziale und karitative Hilfe. Sie versorgten die Vertriebenen so gut sie konnten mit Nahrungsmitteln und Kleidung. Später in der DDR-Zeit boten sie die Möglichkeit des Austausches und der gemeinsamen Erinnerung, teilweise aber auch geschützte Räume für Zusammenkünfte. Auch vertriebene Pfarrer übernahmen seelsorgerische Aufgaben.

Für die Gläubigen beider Konfessionen spielten die Religion und die christlichen Feiertage eine wichtige Rolle. Die Katholiken nutzten Wallfahrten um Heimattreffen stattfinden zu lassen. Eine ähnliche Bedeutung hatten kirchliche Rundbriefe, in denen Erinnerungen an die alte Heimat abgedruckt werden konnten. Sie sollten Nachricht geben über Schicksale von Nachbarn und Freunden, Trost spenden und das Bedürfnis der Vertriebenen nach Austausch und Reflexion stillen. Die Eingliederung in die einheimischen Gemeinden vollzog sich trotz des gemeinsamen Glaubens stockend. Gleichzeitig betrieb die politische Führung in der SBZ und später in der DDR einen kirchenfeindlichen Kurs. Den eigenen Glauben frei auszuleben war für Christen mit Repressionen verbunden. Diese Erfahrungen führten bei den Betroffenen zu unterschiedlichen Reaktionen. Während einige dadurch in ihrem Glauben bestärkt wurden, passten sich andere den herrschenden Meinungen an und versuchten, einen Ausgleich mit dem politischen System zu finden.

Die atheistisch ausgerichtete Staatsform der DDR zielte darauf ab, Kirche und Religion zu schwächen und deren Einfluss unter den Menschen systematisch zu verdrängen. Deshalb war das Verhältnis des SED-Staates zu den Kirchen bis zur Vereinigung durchweg schwierig, voller Spannungen und durch Unterdrückung der Religions- und Glaubensfreiheit geprägt. Ab Mitte der 1950er Jahre nahmen Repressionen gegen die Kirchen und deren Mitglieder in der DDR zu. Durch den immer stärker werdenden Einfluss der SED auf den Alltag der Bürger nahm die Bedeutung des Glaubens und der Kirchen stetig ab.

Da der Großteil Schlesiens östlich der Oder-Neiße-Grenze lag, bildeten die fünf Kirchenkreise um Görlitz ab 1945 den Rest der "Evangelischen Kirche von Schlesien". Die SED drängte die Kirchenleitung, den Bezug zu Schlesien aus dem offiziellen Namen zu streichen, was zunächst verhindert werden konnte. 1968 musste der Name der Landeskirche jedoch in "Evangelische Kirche des Görlitzer Kirchenbezirks" geändert werden. Vergleichbares galt für die "Pommersche Evangelische Kirche": 1968 musste sie auf Druck der Regierung ihren Namen in "Evangelische Landeskirche Greifswald" ändern.

Stasi-Bericht
Umsiedler in der DDR, 11. Juli 1956

Vor längerer Zeit fand in Markkleeberg ein Umsiedlertreffen statt, wobei die Einladungen dazu schriftlich an alle Besucher eines Gottesdienstes in der kath. Kirche in der Nähe der Karl-Liebknecht-Straße in Leipzig verteilt wurden. Der Organisator dieses Treffens konnte namentlich nicht fest- gestellt werden.

Besonders in Wernshausen hat es der katholische Pfarrer verstanden, die Umsiedler auf seine Seite zu ziehen. Der Pfarrer ging dabei folgendermaßen vor: Er nutzte die schlechte wirtschaftliche Lage in der Zeit nach 1945 aus und besorgte für seine Gläubigen Mangelware, wie Bettfedern, Bettwäsche, Nahrungsmittel, usw. Woher er diese Sachen erhielt, war nicht festzustellen. Diese Begünstigungen führten dazu, dass der katholische Pfarrer alle Gläubige fest in seinen Händen hat und diese keine gesellschaftliche Arbeit leisten lässt. Zusammenkünfte konnten nicht festgestellt werden, jedoch führt der Pfarrer laufend Hausbesuche durch.

Die Kirche – besonders die katholische – versucht in verstärktem Maße die ehemaligen Umsiedler an sich heranzuziehen. Vor allem beeinflussen die Pfarrer in den Predigten die ehemaligen Umsiedler, indem sie über diese Gebiete sprechen und sie immer wieder darauf hinweisen, was sie verloren haben. Die Kirche hat mit ihrer Beeinflussung vor allem ältere Menschen für sich gewonnen, so werden auch öfters Heimabende bzw. Umsiedlertreffen organisiert, mit dem Ziel, bei den Menschen den Wunsch wachzuhalten in ihre ehemalige Heimat zurückzukehren.

© BStU, MfS, AS 81 / 59, Bl. 122–156.

Eva-Maria Bette, geb. 1933 in Wobesde, Pommern berichtet

Ich glaube schon, weil die Partei sich ja überall einmischte und in der DDR sind ja sehr viele Leute aus der Kirche ausgetreten. Es gab kaum noch Christen, die kirchlich gebunden waren, gläubig schon, aber kirchlich gebunden kaum jemand. Und, nee, ich war lange mit meinem Mann in der Jungen Gemeinde, habe dann den Beruf gewechselt, nein, nicht den Beruf, die Arbeitsstelle gewechselt. Bin von dem Konfektionsbetrieb in eine Bürostelle an der Leipziger Uni angenommen, das heißt, ich wurde dafür vorgesehen. Und da war es überhaupt nicht erwünscht, wenn ich das Wort Junge Gemeinde erwähnt habe. Mein Mann war aus der Kirche ausgetreten, ich bin nicht ausgetreten, aber ich bekam irgendwann von einer Kirche, einem kirchlichen Amt, ein Schreiben, dass meine Mitgliedschaft in der Evangelischen Kirche ruht.

Das im Jahre 2023 aufgenommene Interview kann über den Button abgerufen werden

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© Bundesarchiv, Bild 183-1987-0710-035 / Hiekel, Matthias

Katholikentreffen 1987 in Dresden

Das Motto dieser Tage war: „Gottes Macht – Unsere Hoffnung“. Mit Rücksicht auf deutschlandpolitische Implikationen verzichtete die Berliner Bischofskonferenz dabei bewusst auf die Bezeichnung Katholikentag, obwohl man sich an den westdeutschen und früheren gesamtdeutschen Katholikentagen als Vorbild orientierte. Auch später vermied man sorgfältig jeden Vergleich und nannte das Treffen eine Wallfahrt ohne aktuellen Anlass. Von links nach rechts: Bischof Karl Lehmann (Mainz), Bischof Gerhard Schaffran (Dresden-Meißen), Joseph Kardinal Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., und Joachim Kardinal Meisner (Bischof von Berlin). Kardinal Meisner wurde 1933 in Breslau geboren. Als Bischof von Berlin setzte er sich auch für die Belange der Vertriebenen ein.

© epd-bild

Pfarrer Oskar Brüsewitz

Oskar Brüsewitz wurde am 30. Mai 1929 in Willkischken, Memelland geboren. Er war evangelischer Pfarrer, der mit seiner öffentlichen Selbstverbrennung im August 1976 in Zeitz mittelbar Einfluss auf die Kirche und spätere Opposition in der DDR genommen hat. Seine Jugendarbeit und symbolische Protestaktionen zogen staatliche Repression nach sich. Er konterte den SED-Slogan „Ohne Gott und Sonnenschein fahren wir die Ernte ein“ mit der auf einem Plakat aufgemalten Aussage „Ohne Regen, ohne Gott geht die ganze Welt bankrott“. Am 18. August 1976 stellte er vor der Michaeliskirche in Zeitz zwei Plakate auf das Dach seines Autos, auf denen er den Kommunismus anklagte: „Funkspruch an alle – Funkspruch an alle – Wir klagen den Kommunismus an wegen Unterdrückung der Kirchen in Schulen, an Kindern und Jugendlichen.“ Anschließend übergoss er sich mit Benzin und zündete sich an. Er starb an seinen Verbrennungen am 22. August 1976 in Halle an der Saale.

© gemeinfrei

„Der religiöse Mensch wurde eingehegt“

Zeitzeugengespräch mit Bischof Dr. Joachim Wanke zur Kirche in der DDR Dauer: 6:28 Minuten

Das Gespräch kann über den Button abgerufen werden. Dauer 6:28 Minuten

© Konrad-Adenauer-Stiftung

zum Gespräch

Heinrich Melzer, geb. 1940 in Brunnersdorf, Sudetenland berichtet

Ja, meine Eltern waren von Hause aus katholisch. Aber durch die Kriegseinwirkung, in dem Ort in Thüringen, da waren ja alle evangelisch. Und dann kam das, als es so weit war, in der sechsten, siebenten Klasse begann der Konfirmandenunterricht. Und da sagte mein Vater zu mir und er hatte eigentlich eine recht fortschrittliche Einstellung: „Du kannst mit deinen Schulkameraden den evangelischen Konfirmandenunterricht mitmachen.“ Der war im Ort und Katholiken gab es nur wenige. Das waren meist die Vertriebenen. „Und du kannst auch mit den katholischen Schulkameraden nach […] fahren.“ Das war ein Ort in der Nähe. Dort wurde der katholische Kommunionsunterricht abgehalten. „Aber wenn du keins von beiden möchtest, brauchst du auch keins zu machen.“ Was habe ich gemacht? Keins. Und bin damit bis heute eigentlich gut gefahren. Hab damit keine Probleme. Ja, so ist es da. Meine Eltern waren von Hause aus beide katholisch. Und wenn wir da in Brunnersdorf geblieben wären, wäre die kirchliche Bindung sicher auch etwas durch die ganze Gemeinschaft, die dann völlig auseinandergerissen worden ist durch die Vertreibung. Da wäre das alles ein bisschen anders gewesen.

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Dr. Edith Kiesewetter-Giese, geb. 1935 in Neu Titschein, Sudetenland berichtet

Als wir in die Altmark kamen, was denken Sie, wie wir beschimpft wurden als Katholiken. Katholiken sind ja alle falsch. Ich wusste gar nicht in meinem Alter, dass es Protestanten gab. Aber ich habe dann immer gesagt: Die Protestanten, das sind die, die einen anderen Gott haben. Ich konnte das nicht verstehen. Ja, die hatten einen Glauben, aber die müssen einen anderen gehabt haben, denn die haben hier auf uns geschimpft. […] Also mir ist der Glaube abhandengekommen und meine Eltern waren nicht sehr gläubig. Mein Vater war schon mal verheiratet, bevor er meine Mutter geheiratet hat. Und im katholischen Glauben ist es so und da gilt eine Ehe eigentlich gar nicht. Und ich fand, dass ich einen tollen Vater habe und konnte den lieben Gott gar nicht verstehen, warum er meinen Vater nicht haben wollte. Und meine Eltern durften mit mir gar nicht zur Kommunion. Mutter war verdammt, weil sie einen Geschiedenen geheiratet hat und da habe ich gedacht: Das kann nicht mein Gott sein. Das habe ich schon mit elf Jahren gedacht.

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Herta Mahlo, geb. 1931 in Schmiedeberg, R-Code abgerufen werden Westpreußen berichtet

Irgendwie hatten wir immer noch Glück, ich habe immer nur gesagt: Gott, […] wir haben nur gebetet […] und deshalb halte ich heute noch an Gott fest. Ich habe geschworen, ich werde nie Gott verlassen. Das war eine Gottesführung, ja. […] Ich gehe in eine katholische Kirche, und achte den Menschen, der glaubt – es ist ja eine Lehre, es ist ja ein Standard, nicht? Meine Mutter sagte noch: Lass das liegen, die schlagen dich tot, lass das liegen. Aber ein paar Bilder, die habe ich, und die Bibel habe ich auch – die hatte meine Mutter, wer die hat, jetzt weiß ich auch nicht, an der Bibel habe ich gehangen. […] Ich habe gekämpft, dass die Kinder getauft wurden, aber die Einsegnung habe ich nicht mehr geschafft, denn dann konnten sie nicht studieren, wenn, dann mussten sie ihre Jugendweihe machen. Da hatte ich keine Macht mehr.

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Haushalt und Gleichberechtigung

Vertriebene Frauen

Unter den 4,3 Millionen Vertriebenen, die in der SBZ ankamen, waren 1,9 Millionen. Frauen und jeweils 1,2 Millionen Männer und Kinder. Viele Männer waren im Krieg gefallen, befanden sich an der Front oder in Kriegsgefangenschaft. So waren die Frauen auf sich gestellt. Sie mussten für die Kinder und die alten Menschen die Flucht vor der Roten Armee organisieren, mit der Eisenbahn in vollgepfropften Zügen, mit überfüllten Schiffen oder auch in langen Trecks durch den kalten Winter 1944 / 1945. Auf ihrer Flucht aus den Regionen jenseits der Oder-Neiße-Linie begleiteten sie Kälte, Hunger und Tod. Wie in kriegerischen Auseinandersetzungen typisch, erlebten Frauen während der Vertreibung das geschlechtsspezifische Schicksal - Vergewaltigungen, Misshandlungen, Ausbeutung und Tod.

Viele Frauen schwiegen angesichts des erlittenen Schicksals. Nicht wenige missbrauchte Frauen nahmen sich das Leben aus Scham, aus Angst vor weiteren Vergewaltigungen oder weil sie das Erlittene psychisch nicht verkraften konnten.

Dennoch verfügten die vertriebenen Frauen über einen großen Überlebens- und Aufbauwillen. Sie fanden schnell Arbeit bei der Trümmerbeseitigung, bei der Demontage von Industrieanlagen, in der Landwirtschaft; auch in Bereichen, die zuvor Domäne der Männer waren. Vielfach wurden sie auch zu diesen Arbeiten verpflichtet. Großteils sorgten die Frauen mit ihrem Arbeitseifer und ihrem Verantwortungsbewusstsein für das Überleben der Familien.

Die Frauenpolitik der DDR zielte seit Inkrafttreten der Verfassung der DDR im Jahr 1949 auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau, auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, auf gleichen Lohn bei gleicher Arbeit. Diese einerseits emanzipatorischen und innovativen Ideen hatten auch wirtschaftliche und politische Hintergründe. Angesichts der Demontagen, Reparationsabgaben an die Sowjetunion und der Abwanderung vieler DDR-Bürger in den Westen herrschte männlicher Arbeitskräftemangel, der durch erhöhten Frauenanteil kompensiert werden konnte. Durch das 1950 verabschiedete Gesetz über die Rechte der Frau wurde die Emanzipation und Gleichstellung der Frau zwar politisch und gesellschaftlich befördert, im Alltag waren Frauen aber immer noch für den Haushalt und die Kinder verantwortlich und unterlagen damit einer Doppelbelastung. 1950 lag der Anteil berufstätiger Frauen bei knapp 50 %, in den 1970er Jahren bei 82 % und kurz vor der Vereinigung 1990 bei 92 %. Heute wird die Berufstätigkeit der Frauen in der DDR auch bei dem höheren durchschnittlichen Rentenniveau der ostdeutschen Frauen sichtbar.

Die beruflichen Leistungen förderten den Stolz und das Selbstbewusstsein der Frauen in der DDR. Die Vertriebenenfrauen partizipierten an diesen Errungenschaften und erreichten dadurch einen sozialen Status, der bei der jungen Generation Gedanken an eine Rückkehr in die frühere Heimat verdrängte und teilweise auch eine Identifikation mit dem neuen Staat nach sich zog.

Die Gleichstellung der Frau galt nicht überall. So blieben Führungspositionen in Wirtschaft und Politik in der Regel Männern vorbehalten. Während der 40-jährigen Geschichte der DDR war unter den 46 Mitgliedern im Politbüro der SED nicht eine einzige Frau.

Walter Ulbricht spricht zur Gleichberechtigung, 1960

Der SED-Parteivorsitzende Walter Ulbricht spricht zum 50. Jahrestag des Internationalen Frauentages über die Gleichberechtigung der Frauen in der sozialistischen Gesellschaft. Der Alltag der Frauen sah jedoch anders aus als von der Partei deklariert.
Dauer 3:45 Minuten

© MDR-Fernsehen

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© Museum Grimma

Wahlplakat des SED-nahen Kommunalen Frauenausschusses, 1946

Vor den Landtagswahlen in der SBZ im Oktober 1946 wurden auch vertriebene Frauen von den Parteien angesprochen. Der Kommunale Frauenausschuss stand der SED nahe.

© ddrbildarchiv.de / Burkhard Lange

Löterinnen im VEB Elektro-Apparate- Werk, Berlin-Treptow 1975

Im Verlauf der DDR-Geschichte gingen bis zu 90 % aller Frauen im berufstätigen Alter einer Beschäftigung nach, auch in Berufen, die in der Vergangenheit Männern vorbehalten waren.

© Dr. Edith Kiesewetter-Giese (Privat)

Dr. Edith Kiesewetter-Giese im Rahmen einer Exkursion auf einem landwirtschaftlichen Betrieb (Bild oben) und beim Betriebspraktikum in einem Milchproduktionsbetrieb (Bild links), Ende der 1950 Jahre

Viele junge vertriebene Frauen erreichten über die Bildung hohe berufliche Positionen und Anerkennung durch die Gesellschaft.

© Dr. Edith Kiesewetter-Giese (Privat)

„Wenn Mutti früh zur Arbeit geht“

Isabel Fannrich-Lautenschläger beschreibt in ihrem Artikel über Frauen, Familie und Beruf in der DDR ein ganz anderes Bild des Frauenalltags in der sozialistischen Gesellschaft..

© Isabel Fannrich-Lautenschläger, Deutschlandfunk, 4. September 2014

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„Gleichberechtigung – ein Mythos“

Alexandra Gerlach nimmt in ihrem Artikel Bezug auf die Publikation von Anna Kaminsky „Frauen in der DDR“. Auch im sozialistischen Teil Deutschlands ist es nicht gelungen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu vollenden.

© Alexandra Gerlach, Deutschlandfunk, 6. März 2017

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Professorin für Festkörperelektronik und spätere Präsidentin des Thüringer Landtags, Dagmar Schipanski

Ich habe mich sehr wohl gefühlt im Beruf, ich musste nicht mich den Männern gegenüber durchsetzen, sondern ich war mit meiner Leistung bei den Männern anerkannt. Das haben die Frauen aus der DDR mitgebracht in das vereinte Deutschland: Das Selbstbewusstsein, daß man durch den Beruf sich selbst bestätigen kann.

© Isabel Fannrich-Lautenschläger, Deutschlandfunk, 4. September 2014

Dr. Edith Kiesewetter-Giese, geb. 1935 in Neu Titschein, Sudetenland berichtet

Ich bin auch durch die Flucht sehr selbstständig geworden und ich habe relativ schnell mitgekriegt, wie das in dieser Politik läuft. Und ich wollte, das habe ich gesagt, meine rote Schnur war, die Lebensverhältnisse, die wir zu Hause hatten, die wollte ich wieder haben für mich und meine Familie. […] Frauen hatten in der DDR schon die Möglichkeit selbstständig zu arbeiten, zu studieren. Schauen Sie mal, ich habe studiert. Meine Eltern hätten sich das nicht leisten können. Die DDR hat mir das Stipendium fürs Studium gegeben. Ich musste dann zwar unterschreiben, dass ich zwei Jahre in einem Betrieb arbeite nach dem Studium. Das habe ich unterschrieben, weil ich mir einfach gesagt habe, die haben für mich das Geld ausgegeben und die zwei Jahre überstehe ich.

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Beauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler

Berufstätigkeit der Frauen, auch selbstverständliche Berufstätigkeit ist für mich nicht dasselbe wie Gleichberechtigung. Davon waren wir nämlich in der DDR sehr weit entfernt. Die Frauen haben eine zusätzliche Rolle übernommen durch ihre Berufstätigkeit. Sie sind aber die alte nicht losgeworden. Also für den „Haben-Knopf“ am Revers ihres Mannes waren sie immer noch zuständig. Und die kleinen Hefte, die die Schüler in der Schule kriegten für Mitteilungen, die hießen Mutti-Hefte. Es gab zwar die Berufstätigkeit, aber die Frage, oder sagen wir das Nachdenken, über die weibliche Rolle oder ein weibliches Selbstverständnis ist absolut zu kurz gekommen, weil das Ideal eben war: Frauen sollen so leben können wie Männer. Das war sozusagen der Maßstab von Gleichstellung. Das kann man auch mit Anekdoten auffüllen: Bis zum Schluss wurde sogar beim Gynäkologen noch gesagt: „Der Nächste, bitte!“

© Isabel Fannrich-Lautenschläger, Deutschlandfunk, 4. September 2014

Eva-Maria Bette, geb. 1933 in Wobesde, Pommern berichtett

Wir haben nie von Emanzipation gesprochen, klar gab es auch Emanzen, aber die Entwicklung war so. Es hieß auch, die Frauen werden gebraucht, obwohl, na ja, es gab ja keine Arbeitslosen, die DDR hat ja alle beschäftigt, obwohl sicherlich manchmal in den Betrieben gar kein Material da war. Das gab es auch. Nicht oft, aber passierte schon. […] Natürlich, das wurde zwar sehr propagiert, Männer und Frauen gleichberechtigt, also nehmen die Männer auch Anteil an der Kindererziehung und am Haushalt, aber so toll war das auch nicht. Ich glaube, es war schon etwas besser. Es war auch in der DDR schon, als mein Sohn 1958 geboren wurde, weiß ich noch, dass das die erste Zeit war, wo man Männer auch mit dem Kinderwagen auf den Straßen gesehen hat. Das war vorher gar nicht üblich. Aber das konnte in der DDR schon sein. Und ich hatte ja auch ein paar Verwandte im Westen, die Frauen haben alle nicht gearbeitet.

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Zukunft ohne Heimat?

Vertriebene Kinder

Etwa 1,2 Millionen Kinder fanden nach Flucht und Vertreibung, mit oder auch ohne ihre Eltern, in der SBZ ein neues Zuhause. Sie hatten unter dem Heimatverlust, den brutalen Begleiterscheinungen von Flucht und Vertreibung, nicht selten auch dem Erleben von Tod und Gewalt besonders zu leiden. Unzählige Kinder wurden im ­Chaos auf der Flucht von ihren Eltern getrennt oder ihre Eltern waren von Soldaten der Roten Armee ermordet worden, oft im Beisein der Kinder. Für junge Mädchen und Frauen waren Vergewaltigungen durch sowjetische Soldaten traumatisch.

Jene Kinder, die mittellos, entkräftet, oft krank oder verwaist westlich der Oder-Neiße-Linie ankamen, wurden selten mitfühlend und fürsorglich aufgenommen.

Wie die Erwachsenen wurden auch Kinder in Lager eingewiesen. Die Todesrate unter den Kindern war hoch, die Säuglingssterblichkeit lag bei 90%. Gründe dafür waren Krankheiten, Mangel an Nahrung, Ärzten und Medikamenten, aber auch Entkräftung und schlechte Hygiene aufgrund der Strapazen und schlechten Versorgung.

Es fehlte an Wäsche, Schuhen und Strümpfen, im besten Fall konnten Kinder auf Strohsäcken schlafen, oft aber nur auf dem nackten Erdboden. Häufig mangelte es auch an ausreichendem Geschirr und Besteck, so dass die Kinder in den Lagern in mehreren Gruppen nacheinander essen mussten.

Ab dem 1. Oktober 1945 begann in der SBZ der reguläre Schulunterricht. Weil Lehrer fehlten, wurden pensionierte Lehrer und Lehrerinnen oder auch Studenten dienstverpflichtet und sogenannte Neulehrer nach einer nur vierwöchigen Ausbildung in die Klassen geschickt.

Der Suchdienst des Roten Kreuzes leistete Bedeutendes. Viele Kinder konnten ihre Familien wiederfinden. Schwierig war es, die Angehörigen von Kleinkindern zu ermitteln, die nur ihren Vornamen oder nicht mal diesen wussten.

So gab es Kinder, die niemals ihre Angehörigen wiedersahen. Sie wuchsen in Waisenheimen oder bei Pflegeeltern auf.

Suchdienste in der SBZ und DDR

Während sich in den westlichen Besatzungszonen bereits im Herbst 1945 mehrere Suchdienstorganisationen zusammengeschlossen hatten, waren die Suchdienste in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bis Sommer 1946 stark aufgesplittert. Zahlreiche unterschiedliche Dienste, die sowohl von kirchlichen und karitativen Organisationen als auch von staatlichen und halbstaatlichen Einrichtungen oder privat betrieben wurden, existierten überwiegend auf regionaler und lokaler Ebene. Diese Zersplitterung machte die Erfassungs- wie auch die Nachforschungstätigkeit äußerst ineffizient. Ende 1945 wurden die Suchdienste der SBZ deshalb auf Länderebene zentralisiert. Die Mehrzahl der vor allem privaten Suchdienste wurde verboten. Nachdem Pläne zur Einrichtung eines interalliierten Suchbüros gescheitert waren, übertrug die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) der Zentralverwaltung für deutsche Umsiedler (ZVU) die Suche nach vermissten Deutschen in der Sowjetischen Besatzungszone und im sowjetischen Sektor Berlins.

Mittels Rundfunksendungen, Zeitungsanzeigen und Plakaten, aber auch durch die Herausgabe einer eigenen Zeitung wurde der Suchdienst für vermisste Deutsche einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Die Hauptkartei wurde auf Karten geführt, die nach alphabetischem System geordnet waren. Allein die Hauptkartei wuchs von Januar 1947 bis September 1948 auf ca. sechs Millionen Karteikarten an. Die Zusammenarbeit zwischen dem Suchdienst für vermisste Deutsche in Berlin und den beiden westlichen Zonen-Suchzentralen in Hamburg und München wurde dann am 10. Dezember 1946 vertraglich geregelt. Nach dem 3. Oktober 1990 gelangten die Bestände des Ministeriums des Innern der DDR ins Bundesministerium des Innern (BMI). Die endgültige archivische Bearbeitung des Bestandes "DO 105" erfolgte durch das Bundesarchiv im Jahre 2008.

© BArch DO 105 / …

© ZgV / Mit freundlicher Zustimmung von Dr. Gunnar Digutsch

„Meine Heimat – DDR“

In der DDR gab es eine Reihe von schulischen und außerschulischen Abzeichen, die Kindern und Jugendlichen für besondere Leistungen oder Fähigkeiten verliehen wurden. Der Stoffaufnäher „Meine Heimat DDR“ war ein sogenanntes „Touristen-Abzeichen“ der FDJ. Kinder und Jugendliche wurden damit ausgezeichnet, die an einer Fuß-, Rad- oder Wasserwanderung teilnahmen, mit Karte und Kompass arbeiten, Entfernungen und Himmelsrichtungen einschätzen, aber auch mit dem Luftgewehr umgehen konnten.

© Heinrich Melzer (Privat)

Einschulung in Lauchröden in Thüringen

Heinrich Melzer (untere Reihe, zweiter von links) war einer von elf Vertriebenenkindern, die im September 1946 in Lauchröden eingeschult wurden. Die Familie kam Ostern 1946 aus dem Sudetenland. Das Bild stammt aus dem Jahr 1947 und zeigt die zweite Klasse der Grundschule. Lauchröden war ab 1952 auch Sperrbezirk (500 m Sperrzone) an der innerdeutschen Grenze zu Hessen. Es durften nur die Bewohner des Ortes und Menschen mit Sondergenehmigung den Ort betreten. Heinrich Melzer hat bis 1968 in Lauchröden gelebt und von dort aus in Eisenach und Jena seine Ausbildung und sein Studium absolviert.

© Bundesarchiv, Bild 183-N0301-309 / Donath, Otto

Kinderdorf der Volkssolidarität in Wilhelmsthal / Thüringen, 1947

Die historische Originalbeschreibung des ADN zu diesem Bild lautet: „Siebzig heimat- und elternlose Kinder fanden hier ihr Zuhause. Jeweils sechs bis zehn Kinder mit ihrer Familienmutter bilden eine Familie. Als ein Gemeinwesen von Kindern hat das Kinderdorf einen Kindergarten und eine Schule.“

Zum Schicksal eines Findelkindes

Auch in meiner Familie ist diese Erfahrung stark verankert. In der Geburtsurkunde meiner Mutter steht als Name nur Anni, Findelkind. In den Wirren der letzten Kriegszeit verlor sie als ganz kleines Kind ihre Eltern – wahrscheinlich auf der Flucht. Sie strandete in einem kleinen brandenburgischen Dorf und wurde dort von Pflegeeltern angenommen, die selbst gerade vertrieben worden waren. Die Heimatvertriebenen sind auch Verfechter einer lebendigen Erinnerungs- und Gedächtniskultur, deren Zeitzeugnis die nachgeborene Generation mahnt, sich für ein friedliches Europa einzusetzen.

© Klara Geywitz, Ansprache in der Gedenkstunde der Bundesregierung aus Anlass des nationalen Gedenktages für die Opfer von Flucht und Vertreibung, 20. Juni 2022

Wolfram Bender, 1933-2014, fasst zusammen

Erst war man etwas fremd dort, auch im Ort, aber wir Kinder, wir haben das gar nicht gemerkt wie die Integration gelaufen ist. Ich selber – das hat man mir später erzählt, ich hab das selbst nicht so verfolgt und beobachtet – aber ich meinte, dass ich nach einem halben Jahr den dortigen Dialekt sprach.

© Uta Brettschneider, Neue Heimat Thüringen? Flüchtlinge und Vertriebene um 1945

Der 1942 geborene Richard Pekrul kam als Vollwaise mit den noch vor Kriegsende 1945 flüchtenden Großeltern nach Groß Pankow (Kr. Ostprignitz) und berichtet

Mein Großvater ging bei den Bauern des Ortes arbeiten. Auch daran kann ich mich noch gut erinnern. Ich weiß, dass er für die Tagesarbeit manchmal mit einer Handvoll Kartoffeln nach Hause kam oder mit ein paar Scheiben trockenem Brot. 1947 starb dann meine Großmutter, ebenfalls an Typhus. Mein Großvater war damals mit uns Kindern hoffnungslos überfordert und so sind wir nach Bärensprung, Kreis Kyritz gekommen. Ab jetzt begann für uns eine neue Zeit. Wir hatten jetzt drei geregelte Mahlzeiten, einen warmen Speiseraum, einmal in der Woche war Baden angesetzt und es gab auch eine Schule. Natürlich war im Heim alles sehr knapp. Damals war es so, dass die Bauern aus der Umgebung sonntags im Heim eintrafen und sich dann Kinder aussuchen konnten, die sie dann bei sich aufnahmen und die in der Regel dann auch dort blieben. Ich war damals noch zu klein und mein Bruder wollte ohne mich nicht mit zum Bauern. Es kam immer wieder vor, dass dann Kinder von ihren neuen Pflegeeltern ausgerissen sind und dann ins Kinderheim zurückkamen. 1950 kamen wir dann in das Kinderdorf nach Kyritz, wo die Bedingungen für uns Kinder schon besser waren. Musik und Sport standen in der Freizeit ganz weit oben, ebenso gab es eine Volkstanzgruppe, einen Chor, einen Fanfarenzug, Modellbau, aber auch andere Möglichkeiten, um sich nach dem Unterricht zu beschäftigen. Aus heutiger Sicht weiß ich, wie wichtig es war, uns Kindern hier Einblick zu geben. Darüber hinaus gab es jedes Jahr ein Ferienlager, dann kamen die Jugendweihe-Stunden hinzu, um uns für das spätere Leben vorzubereiten. Ich besuchte die Grundschule, erlernte den Beruf eines Drehers im Motorradwerk Zschopau und arbeitete dann weitere 17 Jahre in diesem Beruf. Bemerkenswert fand ich auch, dass ehemalige Heimkinder den Beruf des Erziehers erlernten und diesen auch dann in ihrem alten Heim selbst ausübten. Im Nachhinein muss man sagen, dass Lehrer und Erziehe r für die damaligen Verhältnisse sich zum Teil auch selbst aufgeopfert haben, um uns Kindern eine sorglose Kindheit zu ermöglichen. Das Gleiche traf auch für die anderen Mitarbeiter zu. Viele Kinder haben ihre Geburtsorte in den damaligen Ostgebieten später besucht. Es gibt heute noch einige unter uns, die in die Heimat regelmäßig fahren, um Hilfe zu leisten.

© Peter Bahl, Belastung und Bereicherung, Vertriebenenintegration in Brandenburg ab 1945, Berliner Wissenschaftsverlag 2020

Ingrid Schneider, geb. 1935 in Königsberg, musste – nachdem ihre Mutter an den Strapazen von Krankheit, Unterernährung und Arbeit in Königsberg verstorben war – für sich und die Geschwister sorgen. Sie wurde zum „Wolfskind“ und berichtet darüber

Das letzte Mal, als ich nach Litauen fuhr, da hatte ich mir so eine Tarnjacke aus Zeltplane genäht. Wir hingen am Waggon, wo es durch den Fahrtwind so kalt war, dass wir anfroren. Wir fuhren mindestens acht Stunden von Königsberg nach Kaunas. Viele konnten sich nicht mehr halten, ließen los, fielen herunter und dann krähte kein Hahn mehr nach ihnen. Aber ich muss einen Schutzengel gehabt haben, der mich gut festgehalten hat. In Litauen angekommen, waren ich und meine Tarnjacke von der Feuchtigkeit unterwegs und dem Fahrtwind ganz steif gefroren. […] Es gab damals dort noch viele Deutsche. Sie gaben uns auch nichts, da sie selbst nicht genügend zu essen hatten. Ich erinnere mich an eine Russenfrau, die hatte vier kleine Kinder und trotzdem brachte sie uns noch etwas. Wir gingen auch in das „Krankenhaus zur Barmherzigkeit“. Dort arbeiteten russische und deutsche Ärzte, die uns versorgten. Sie sagten uns, dass wir ins Heim müssten, sonst kämen wir um. […] Nach der Entlassung aus der „Barmherzigkeit“ griff uns die russische Miliz auf und brachte uns in die Kinderaufnahme. Dort lebten wir mit deutschen und russischen Kindern zusammen. Wir bekamen zu essen, wurden entlaust und gut versorgt. […] Das war im Frühjahr 1948. Und es war unser Glück, sonst wären wir noch verhungert. Wir hätten das sonst nicht überlebt. Wir hatten keine Schuhe, wir hatten nichts anzuziehen. Wir hatten nur Lappen um unsere Füße gebunden. Im Oktober 1948 kamen alle Kinder aus dem Heim nach Königsberg. Von dort ging ein Transport nach Deutschland. Wir kamen zuerst nach Eggesin. Dann ging es weiter nach Pinnow in das Kinder- und Jugenddorf. […] In meiner Gruppe im Kinderheim war ich eine der Ältesten. Wir sprachen dort nicht über unsere Erlebnisse aus Litauen. Alle schwiegen und jeder hatte ein anderes Schicksal. Jeder hatte etwas anderes erlebt.

© Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung, Von Ostpreußen nach Kyritz, Wolfskinder auf dem Weg nach Brandenburg, Potsdam 2003

Von der Sächsischen Schweiz bis zum Thüringer Wald

Vertriebene in Sachsen

Von den fünf Ländern der SBZ und DDR war Sachsen das am stärksten industrialisierte. Es grenzte direkt an Schlesien und das Sudetenland, den Gebieten, aus denen die meisten Vertriebenen in die SBZ strömten. Im August 1945 schleuste die sächsische Verwaltung über einhunderttausend Vertriebene, die nach Sachsen gelangt waren, weiter nach Brandenburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt, ohne mit den dortigen Behörden vorher eine Übereinkunft erzielt zu haben. Am Ende verblieben noch 670.000 Vertriebene in Sachsen, was einen Anteil von 12,2 % ausmachte.

Die Bodenreform 1945 war hier anders als in Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg kein einschneidendes politisches Ereignis. Das bedeutete, dass sich in Sachsen Vertriebene aus diesem Grund weniger der KPD/SED verbunden fühlten.

© gemeinfrei

Aufruf zur Arbeit im Erzbergbau

Die Arbeit im Uranerzabbau war körperliche Schwerstarbeit. Hinzu kamen Arbeitsunfälle, Strahlenbelastungen, Lungenerkrankungen, die die Arbeiter für das ganze Leben zeichneten. Die sozialistische Propaganda machte die Bergleute zu Helden um den Frieden. Viele Vertriebene fanden in der Nachkriegszeit in den Bergwerken Arbeit und später auch gute Bezahlung für schwersten körperlichen Einsatz.

Vertriebene in Sachsen-Anhalt

Die Region des heutigen Bundeslandes Sachsen-Anhalt war im Krieg stark zerstört worden. Magdeburg, Halberstadt, Zerbst, Dessau und Merseburg waren Bombenangriffen zum Opfer gefallen. Da Halle an der Saale weniger zerstört worden war, wurde es Hauptstadt der formal noch bestehenden preußischen Provinz Sachsen, die 1947 im Land Sachsen-Anhalt aufging.

Sachsen-Anhalt nahm mit 880.000 Personen die meisten Vertriebenen in der SBZ auf. Die Vertriebenen machten 21,3 % der Bevölkerung des Landes aus. Der landwirtschaftlich geprägte Norden, also die Altmark und die Magdeburger Börde, nahm prozentual mehr Flüchtlinge auf als der Süden, der über wichtige Industriezweige verfügte. Durch die enormen Zerstörungen der Städte fehlte es in Sachsen-Anhalt nicht nur an Wohnraum. Bis Ende der 1940er Jahre machten Vertriebene fast die Hälfte aller Sozialfürsorgeempfänger Sachsen-Anhalts aus, viele davon Alte, die auf dem Arbeitsmarkt keine Beschäftigung mehr fanden.

© gemeinfrei

Standorte des Uranabbaus der Wismut AG im südwestlichen Sachsen und im östlichen Thüringen

Vertriebene in Thüringen

Nach Thüringen, das im November 1945 eine Gesamtbevölkerung von 2,95 Millionen Menschen aufwies, gelangten bis dahin etwa 552.000 Vertriebene. Im Mai 1948 gaben 695.000 an, vertrieben worden zu sein bei einer Gesamtbevölkerung Thüringens von 3,02 Millionen Menschen. Der Anteil der Vertriebenen betrug damit rund 23 %. Die meisten stammten aus dem Sudetenland 200.000, dicht gefolgt von den Schlesiern 195.000. Ferner kamen 80.000 Ostpreußen, 23.000 Pommern und 10.000 Vertriebene aus Ost-Brandenburg nach Thüringen.

Auch in Thüringen fanden die meisten Vertriebenen zunächst Aufnahme in ländlichen Gemeinden, da diese weniger Kriegsschäden, eine vergleichsweise intakte Infrastruktur und bessere Versorgungsmöglichkeiten mit Lebensmitteln aufwiesen als die Städte. Knapp 50 % lebten in Dörfern mit weniger als 2.000 Einwohnern und knapp 25 % kamen in Gemeinden mit einer Bevölkerungszahl von 2.000 bis 10.000 Einwohnern unter.

Nach dem Zusammenbruch der Wirtschaft bei Kriegsende kam diese in Thüringen recht bald wieder in Gang, gedrängt durch die Sowjetunion, an die Reparationen zu leisten waren. 1948 wurden bereits Bergarbeiter, Glasarbeiter, Porzellanarbeiter, Bauarbeiter, Metallarbeiter, Textilarbeiter, Forstarbeiter und Arbeiter in der Landwirtschaft gesucht. Durch den Mangel an männlichen Arbeitskräften erhielten sehr häufig Frauen die Arbeitsplätze.

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Uranproduktion im sowjetischen Einflussbereich zwischen 1945 und 1950 in Tonnen

Das bedeutendste Unternehmen der Nachkriegszeit in Sachsen war die Wismut AG im Erzgebirge, wo zehntausende Vertriebene Arbeit fanden. Einzelne Betriebe der Wismut AG befanden sich auch im benachbarten Thüringen. Hier ließ die sowjetische Führung Uran abbauen, um damit Atomwaffen herzustellen. Die SBZ und DDR wurde der viertgrößte Uran-Produzent der Welt, nach der Sowjetunion, den USA und Kanada. Zeitweilig arbeiteten in der Wismut AG über 100.000 Bergleute, etwa die Hälfte davon Vertriebene, so etwa Bergleute aus Oberschlesien und dem Waldenburger Revier in Niederschlesien. Sie wurden zunächst zwangsrekrutiert, ab 1949 geworben – durch hohe Löhne und Pensionszahlungen sowie betriebseigene Feinkostgeschäfte, in denen nur Mitarbeiter einkaufen durften. Den Bergleuten waren die Risiken ihres Arbeitsplatzes (Quarzstaublunge, strahlungsinduzierter Lungenkrebs, Arbeitsunfälle) nicht bekannt, die Schutzmaßnahmen nur unzureichend.

© Bundesarchiv, Bild 183-58845-0001 / Sturm, Horst; Krueger

Mitarbeiter der Buna-Werke während der Mittagspause, 1958

© gemeinfrei

Briefmarken für Sachsen und Thüringen

Ab Juni 1945 wurden auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone Regionalausgaben und allgemeine Ausgaben von Briefmarken herausgegeben. In den fünf Provinzen gab es Dauermarken und Sondermarken. Die Sondermarken zeigten ein besonderes Ereignis. In West-Sachsen gab es Sondermarken zur Bodenreform, in Ost-Sachsen zu Dresden und in Thüringen waren die Briefmarken dem Wiederaufbau der zerstörten Brücken gewidmet. Die Dauermarken zeigten in der Regel das Provinzwappen.

© Bundesarchiv, Bild 183-09958-1803

VEB Carl-Zeiss Jena, Lehrlings-Ausbildung

Nach dem Rückzug der amerikanischen Truppen aus Thüringen im Juni 1945 übernahm die Rote Armee die Kontrolle über das Unternehmen und begann mit der Demontage. 1946/47 wurde das Werk fast vollständig demontiert und am 1. Juli 1948 verstaatlicht. Das Jenaer Werk wurde als VEB Carl Zeiss Jena in die DDR-Staatsindustrie integriert. In den Werken fanden viele junge Menschen einen Ausbildungsplatz und später Arbeit.

© Bundesarchiv, Bild 183-10209-0003 / Illner

Bergarbeiter des Steinkohlereviers Zwickau, 1951

Die historische Originalbeschreibung (ADN) zu diesem Bild lautet auszugsweise: „In Oelsnitz-Zwickau entsteht für 600 junge Kumpel, die im Steinkohlenrevier freiwilligen Arbeitseinsatz leisten, eine Jugendstadt. Sie haben die große Bedeutung der Steinkohle für die Erfüllung des Fünfjahresplans erkannt und werden tatkräftig an dieser großen Aufgabe mitarbeiten. Verdienter Aktivist Erhard Ungetüm (links) und Umsiedler Andreas Blesch werden die Jugendfreunde in ihrer Arbeit tatkräftig unterstützen.“

© Bundesarchiv, Bild 183-57339-0003 / Zühlsdorf, Erich

Ein Blick vom Destillator auf einen Teil des Werksgeländes der Leuna-Werke, 1958

Arbeit für Tausende von Vertriebenen boten die chemischen und erdölverarbeitenden Industrien im mitteldeutschen Chemiedreieck Leuna-Buna-Bitterfeld. Wolfen – heute ein Stadtteil von Bitterfeld – war der einzige Standort in der DDR, an dem Filmmaterial (ORWO) produziert wurde. Im Juni 1946 arbeiteten in den Buna-Werken bei einer Gesamtbelegschaft von 9.203 Mitarbeitern bereits 1.917 Vertriebene (21 %). In einigen Werken wie im Eisenhüttenwerk Thale machten die Vertriebenen 50 % der Beschäftigten aus. In den Chemischen Werken Leuna waren es mit 11.800 Vertriebenen 47 % der Belegschaft.

Von der Ostsee bis zur Lausitz

Vertriebene in Mecklenburg-Vorpommern

Im November 1945 betrug die Einwohnerzahl von Mecklenburg-Vorpommern 2,5 Millionen. Knapp die Hälfte bestand aus Vertriebenen. In manchen Landkreisen wie in Parchim stellten sie sogar die Mehrheit.

Mecklenburg-Vorpommern war das am stärksten agrarisch geprägte Land in der SBZ. In der Landwirtschaft fanden viele Vertriebene Arbeit, die auch in der Heimat als Bauern tätig gewesen waren. Im Rahmen der Bodenreform erhielten knapp 40.000 Vertriebene Neubauernstellen von durchschnittlich 9 ha Land. Trotz Fleiß und Aufauwillen war der Erfolg einer Neubauernstelle von der Bodengüte, der Geräteausstattung und dem Zubehör abhängig. Unwirtschaftlichkeit und Zwangskollektivierung führen in den 1950er Jahren zur Aufgabe. Viele Vertriebene wanderten in die industriellen Regionen an der Ostsee ab oder zogen in den Westen.

Wenigen Vertriebenen gelang die Ansiedlung in geschlossenen Gruppen ehemaliger Dorfgemeinschaften, so den Karpatendeutschen in Satow, Wolhyniendeutschen in Linstow, sowie Bessarabiendeutschen in mehreren Dörfern des Landes. Dies entsprach nicht den Plänen der SMAD, die auf Zerstreuung setzte. Der Sonderfall der geschlossenen Ansiedlung bewirkte, dass in diesen Dörfern deren Mundart mitten in Mecklenburg über Jahrzehnte bewahrt blieb.

Ab Anfang November 1944 kamen auf Rügen Vertriebene aus Ostpreußen an, ab Januar 1945 evakuierte die Kriegsmarine aus den Hafenstädten Memel, Pillau, Danzig die Menschen aus dem Osten über den Hafen in Saßnitz. So stieg der Zustrom von Vertriebenen und Flüchtlingen auf Rügen bis auf 125.000 Personen an. Von Mitte Mai bis Mitte Juni 1945 machten sich rund 150.000 Deutsche aus Mecklenburg- Vorpommern wieder auf den Rückweg in die Heimat, weil sie davon ausgingen, dass mit dem Ende des Krieges auch die Rückkehr in die Heimat erfolgen kann. Die meisten der Rückkehrer kamen nicht mehr in ihre Heimatorte zurück, sondern erlebten unterwegs die Vertreibung durch Russen und Polen.

© Schifffahrtsmuseum Rostock

Mai-Demo am Tor zum Werk „Neptun“, 1947

Der 1. Mai war eines der wichtigsten Feiertage in der Deutschen Demokratischen Republik. Das sozialistische Regime nutze den Feiertag dazu, um Auszeichnungen an Arbeiter zu vergeben und Massen von Menschen zur Teilnahme an Demonstrationen zu mobilisieren. Die Parolen, die die Demonstranten auf Plakaten und Transparenten trugen, gab die SED vor. Sie zielten darauf ab, die Erfolge des Sozialismus anzupreisen. Betriebe hatten für eine rege Teilnahme der Belegschaft, teilweise mit Druck und Anreizen, zu sorgen. Auf der Fotografie ist der Mai-Demonstrationszug der Neptun-Werft-Belegschaft zu sehen, die geschlossen zu den Feierlichkeiten aufbricht. Der Slogan auf dem Transparent „Für Frieden, Freiheit und Gleichberechtigung“ ist ein klares Bekenntnis zum Sozialismus. Die Rostocker Neptun-Werft gehörte vom 1. November 1946 bis zum 30. April 1952 zum Bestand der sowjetischen Aktiengesellschaft (SAG) für Transportmaschinenbau. Unter den Werften war sie der einzige SAG-Betrieb. Im Dezember 1946 beschäftigte die Werft rund 3.000 Personen. Davon waren rund 1.000 aus der Stammbelegschaft, die Übrigen setzten sich aus Rostockern anderer Betriebe, Vertriebenen und Arbeitsverpflichteten zusammen.

Selliner Wallfahrt

Katholische Schlesier und Sudetendeutsche brachten aus ihrer Heimat das Bedürfnis nach Wallfahren mit und gründeten die Wallfahrt zu der Kapelle "Maria Meeresstern" in Sellin auf Rügen, die an der Steilküste über der Ostsee errichtet war. Die erste Wallfahrt fand Pfingsten 1951 mit Bischof Weskamm statt. Sie diente der Glaubensausübung in der Diaspora, aber auch den Wünschen der Gläubigen nach Zusammenkunft und Austausch über die Heimat. 1952 nahmen bereits über 2.000 Besucher daran teil. Da die Wallfahrten den DDR-Behörden missfielen, die unter anderem das Gebiet in Ufernähe nachts zum Grenzgebiet erklärten, wurden sie Ende der 1960er Jahre zur Inselmitte hin nach Bergen verlegt. Nach der Vereinigung wurde die Selliner Wallfahrtstradition 1995 wieder aufgenommen.

Vertriebene in Berlin

Die meisten Fernstraßen und Eisenbahnlinien, soweit noch intakt, führten von den deutschen Ostgebieten nach Berlin. Etwa eine Million Heimatlose strömten allein 1945 auf diesen Wegen in die Reichshauptstadt. Nur die wenigsten durften bleiben.

Die Berliner Behörden wiesen die Angekommenen an, in ihre Herkunftsorte zurückzukehren. Bis Juni 1945 waren dies auch Orte östlich der Oder-Neiße-Linie. Im Befehl Nr. 15 der SMAD vom 27. Juli 1945 wies der sowjetische Oberbefehlshaber, Marschall Georgi Schukow, die deutschen Behörden an: "Zwecks Vermeidung einer Übervölkerung der Stadt Berlin befehle ich, die Einreise von Übersiedlern in die Stadt ohne Erlaubnis des Militärkommandanten zu verbieten." Um die Vertriebenen zur Weiterreise zu bewegen, verweigerten ihnen die Behörden die Aufenthaltsgenehmigung und Essensmarken. Viele blieben dennoch illegal in der Stadt.

Im Jahr 1950 lag der Anteil der Vertriebenen in Ost-Berlin bei 10,6 Prozent. 148.000 "Umsiedler" waren registriert. Abgesehen von den Vertriebenen in der französischen Besatzungszone war dies der niedrigste Anteil aller Verwaltungsgebiete in ganz Deutschland.

Aus Zeitzeugenberichten ist bekannt, dass Vertriebene aus ländlichen Regionen seit Gründung der DDR nach Ost-Berlin zogen, um hier als Bauarbeiter, in der Industrie, in der Verwaltung tätig zu sein oder zu studieren. Vertriebene Frauen waren in Berlin oft als Trümmerfrauen tätig.

Bis zum Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 konnten Bürger der DDR und Ost-Berlins, also auch Vertriebene, West-Berlin besuchen. Hier konnten sie auch Zeitungen und Zeitschriften erwerben, die die Situation der Vertriebenen und die aktuelle Politik der SED zum Thema hatten. Wurden DDR-Bürger bei Grenzkontrollen im Besitz westlicher Printmedien ertappt, konnte dies drakonische Strafen nach sich ziehen. West-Berlin diente aber auch denjenigen, die der DDR als "Republikflüchtlinge" ganz den Rücken kehren wollten, als Schlupfloch in den Westen. Viele Ausreisewillige wurden allerdings an der Grenze abgefangen, wenn sie Zeugnisse, Diplome, Arbeitspapiere und andere verdächtige Dokumente mit sich führten. Seit 1953 verbrachten viele, die es geschafft hatten, eine Zeit im Notaufnahmelager Berlin-Marienfelde. Von hier aus flohen viele in die Bundesrepublik. Mit dem Mauerbau wurde dieses Loch im Eisernen Vorhang geschlossen.

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Briefmarken für Berlin und Brandenburg

Vertriebene in Brandenburg

Die preußische Provinz Brandenburg zählte bis 1945 zu den ländlich geprägten Regionen auf dem Gebiet der späteren SBZ und DDR. Die Landstriche zwischen der Oder und Berlin waren in den letzten Kriegswochen in der Schlacht um Berlin stark zerstört worden. Die Landesteile westlich von Berlin waren hingegen weniger beschädigt worden. Die Neumark, der Landesteil Brandenburgs östlich der Oder, fiel 1945 an Polen. In Brandenburg fanden zeitweise bis zu 750.000 Vertriebene, rund 40 Prozent der Gesamtbevölkerung, dauernd oder zeitweilig eine neue Heimat.

Die DDR bemühte sich erfolgreich um eine Industrialisierung Brandenburgs bzw. seit 1952 der Bezirke Potsdam, Frankfurt Oder und Cottbus. Die schon vor dem Krieg existierende Braunkohleförderung in der Lausitz im Umkreis von Cottbus und Senftenberg expandierte stark und suchte ständig neue Arbeitskräfte, etwa Bergleute aus Schlesien und dem Sudetenland. Der Abbau erfolgte ohne Rücksicht auf Naturbelange. Zahlreiche Dörfer wurden Opfer des Tagebaus.

© Bundesarchiv, Bild 183-64169-0006 / Zühlsdorf, Erich; Schaar, Helmut

Erschließungsarbeiten für das VEB Erdölverarbeitungswerk Schwedt an der Oder, 1959

Durch die sowjetischen Demontagen büßte Brandenburg seine Schwerindustrie fast vollständig ein. Ab 1947 begann schrittweise der Wiederaufbau der Industrie in Brandenburg. Die Entstehung des Eisenhüttenkombinates Ost und seiner dazugehörigen Wohnsiedlung Eisenhüttenstadt markierte den Auftakt für die Ansiedlung einer Reihe von Großbetrieben des verarbeitenden Gewerbes in Brandenburg. Es folgten der Bau eines Atomkraftwerks in Rheinsberg und des Petrolchemischen Kombinats in Schwedt. In der brandenburgischen Industrie fanden neben Einheimischen viele Vertriebene einen Arbeitsplatz, der ihnen einen Neuanfang ermöglichte.

© Bundesarchiv, Bild 183-76776-0001 / Kohls, Ulrich

Brigade Wollenberg der Vormontage vor der Warnowwerft in Rostock-Warnemünde

In der Warnemünder Werft fanden viele Vertriebene aus der ehemaligen Stettiner Vulcanwerft mit ihren Familien einen Arbeitsplatz. Das Bild stammt von 1960. Die historische Originalbeschreibung des ADN im Auszug lautet: „Die Brigade Wollenberg von der Warnemünder Warnow-Werft wurde anlässlich des II. Jahrestages der DDR für die Auszeichnung Brigade der sozialistischen Arbeit" vorgeschlagen. Die Brigade ist ein gutes Arbeitskollektiv und pflegt eine gute Zusammenarbeit zwischen Partei und Gewerkschaftsgruppe. Zwei junge Arbeiter wurden in letzter Zeit Kandidaten der Partei der Arbeiterklasse. Zu Ehren des II. Jahrestages der DDR haben 4 weitere Brigademitglieder um Aufnahme in die Partei gebeten. Durch Verbesserungsvorschläge sparte die Brigade Wollenberg 26.654 DM ein und trug wesentlich zur Verbesserung des Arbeitsablaufes in der Sektionsbauweise bei."

Audiowalk: „Der Mauerbau 1961. Eine Spurensuche in Berlins Mitte“

Ausschnitt aus einer Reportage von Erich Nieswandt vom Checkpoint Charlie in der RIAS-Sendung „Die Zeit im Funk“, 27. Oktober 1961
5:30 Minuten

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zum Audiowalk
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35 Jahre DDR – Petrolchemisches Kombinat Schwedt

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35 Jahre DDR – Eisenhüttenkombinat Ost

Bekannte Persönlichkeiten in Auswahl

DDR-Prominente mit ostdeutschen Wurzeln

Unter Politikern, Schriftstellern, Malern, Musikern, Schauspielern und Wissenschaftlern, die in der DDR bekannt waren und in der Öffentlichkeit standen, gab es viele mit ostdeutschen Wurzeln. Ob selbst vertrieben oder in einer entwurzelten Familie großgeworden, wurden sie als Vertriebene weder wahr genommen, noch identifizierten sie sich nach außen als solche. Über die Herkunft wurde nicht gesprochen.

Als Jugendliche und junge Erwachsene mussten Vertriebene wie auch Einheimische in der DDR ihren Lebensweg und Platz in der sozialistischen DDR-Gesellschaft finden, ohne mit dem Staat in Konflikt zu geraten. Ebenso wie bei den Einheimischen gab es auch Vertriebene, die in Opposition zum politischen System der DDR standen, ihre Meinung frei äußern wollten, Reise- und Versammlungsfreiheit sowie demokratische und rechtsstaatliche Strukturen im sozialistischen System einforderten. Der DDR-Staat ließ derartige Bestrebungen nicht zu, sondern bekämpfte mit der Härte seiner Unrechtsgesetze jegliche Freiheitsbestrebungen. Unter den Schriftstellern gab es Persönlichkeiten, die das selbst erlebte Trauma der Vertreibung und den Heimatverlust zum Thema ihres Wirkens machten, wie Christa Wolf in "Kindheitsmuster" oder Christoph Hein.

© Bundesarchiv, Bild 183-1989-1216-014 / Senft, Gabriele

Rudolf Bahro

* 18. November 1935 in Bad Flinsberg, Niederschlesien, † 5. Dezember 1997 in Berlin

Philosoph und Bürgerrechtler

Er war einer der prominentesten Dissidenten in der DDR. 1978 wurde er wegen Landes- und Geheimnisverrats zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Unter dem Druck breiter internationaler Proteste wurde Bahro im Oktober 1979 im Rahmen einer Amnestie freigelassen und zur Ausreise in den Westen genötigt. Er schloss sich den im Entstehen begriffenen Grünen an. 1985 trat er aus der Partei wieder aus. Nach dem Mauerfall zog er wieder nach Berlin.

© gemeinfrei

Eva-Maria Hagen

19. Oktober 1934 in Költschen, Neumark, † 16. August 2022 in Hamburg

Schauspielerin

Eva-Maria Hagen siedelte sich mit ihrer Familie nach der Vertreibung in Perleberg in Brandenburg an. Sie absolvierte eine Lehre zur Maschinenschlosserin und begann 1952 ein Schauspielstudium in Ost-Berlin. Von 1957 bis 1965 wirkte sie in etwa 50 Film- und Fernsehproduktionen mit. Nachdem ihr Lebenspartner Wolf Biermann 1965 von der SED ein Auftritts- und Publikationsverbot erhielt, geriet auch sie zunehmend in die Schusslinie der DDR-Führung. Gegen sie wurde ein Prozess wegen „Staatsverleumdung“ geführt und sie erhielt fast nur noch Engagements in Provinztheatern.

Ende 1976 wurde sie aufgrund ihres Protestes gegen die kurz zuvor erfolgte Ausbürgerung Biermanns fristlos entlassen. Ihr erging es dabei ähnlich wie zahlreichen anderen Künstlern der DDR. 1977 wurde ihr die Staatsbürgerschaft der DDR entzogen. Sie siedelte zusammen mit ihrer Tochter Nina Hagen in die Bundesrepublik, wo sie ihre Karriere als Schauspielerin und Musikerin fortsetzen konnte.

© Bundesregierung / Guido Bergmann

Kurt Masur

* 18. Juli 1927 in Brieg, Niederschlesien, † 19. Dezember 2015 in Greenwich, Connecticut, USA

Dirigent

In Leipzig studierte Masur Dirigieren, er war Kapellmeister in Halle und Erfurt, musikalischer Oberleiter in Schwerin und an der Komischen Oper Berlin, später Chefdirigent bei den Dresdner Philharmonikern. 26 Jahre lang – von 1970 bis 1996 – wirkte er als Kapellmeister am Leipziger Gewandhaus. Nach der Wende war er von 1992 bis 2002 Chefdirigent der New Yorker Philharmoniker. Nicht nur als Musiker sondern auch als engagierter Mensch fand er große Anerkennung, als er im Wende-Herbst 1989 half, zwischen demonstrierenden Bürgern und Staatsgewalt zu vermitteln.

Kurt Mazur dirigiert und spricht

Musikalischer Auszug aus der Generalprobe des Weihnachtskonzerts im Gewandhaus Leipzig. Auf dem Programm steht ein Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy. Am Dirigentenpult: Kurt Masur. Ein Bericht der „Aktuellen Kamera“ vom 24. Dezember 1986.

© MDR-Fernsehen Dauer: 1:42 Minuten

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Heinz Behrens

* 30. September 1932 in Grünberg, Schlesien, † 9. August 2022 in Berlin

Schauspieler

Von 1948 bis 1951 studierte Behrens an der Hochschule für Theater und Musik in Halle. Seine berufliche Laufbahn führte ihn nach Rostock, Erfurt und Dessau auf die Bühne. Ab 1962 gehörte er dem Schauspielensemble des DDR- Fernsehens an. In der Rolle des Horst Baumann wurde er Anfang der 1980er Jahre bekannt. Er spielte auch im „Polizeiruf 110“. Nach der Wende spielte er Theater mit Manfred Krug und Heidi Kabel.

© gemeinfrei

Bernhard Heisig

* 31. März 1925 in Breslau, Niederschlesien, † 10. Juni 2011 in Strodehne, Brandenburg

Maler

Heisig war Sohn des Breslauer Malers Walter Heisig (1882-1941), bei dem er auch seine erste Ausbildung erhielt. Von 1941 bis 1942 besuchte er die Kunstgewerbeschule in Breslau. Danach war er Soldat, wurde in den Kämpfen um Breslau stark verwundet und geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Seine traumatischen Erlebnisse im Krieg thematisierte er später immer wieder in seinen Bildern. Heisig wurde 1947 aus Breslau vertrieben. Als Vertreter der Leipziger Schule zählte er zu den bedeutendsten Malern der DDR. 1954 wurde er Dozent und 1964 Professor an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig.

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Siegfried Matthus

* 13. April 1934 in Mallenuppen, Ostpreußen, † 27. August 2021 in Stolzenhagen, Brandenburg

Komponist

Er gilt als einer der bedeutendsten Komponisten der DDR. 1990 gründete er die Kammeroper Schloss Rheinsberg. Er schrieb etwa 600 Musikwerke. Matthus konnte seine Heimat im nördlichen Ostpreußen erst 1990 wiedersehen.

© Bundesarchiv, Bild 183-E0127-0091-001 / Schurig / CC-BY-SA 3.0

Else Merke

* 15. Juni 1920 in Stargard, Pommern, † 6. März 2005 in Schenkenberg, Sachsen

Politikerin

Merke war eine führende Funktionärin der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD), Mitglied des Staatsrats der DDR und Volkskammerabgeordnete. Sie engagierte sich im Demokratischen Frauenbund besonders für die Rechte der Frauen in der DDR. Auch ihr Mann Helmut Merke (1919-1988), der aus Westpreußen vertrieben worden war, war in der DBD tätig. Merke und ihr Mann erwarben eine „Neubauern“-Stelle und führten diese bereits 1952 in eine der ersten LPG in der DDR über.

© Bundesarchiv, Bild 183-22154-0001 / Junge, Peter Heinz / CC-BY-SA 3.0

Karl Schirdewan

*14. Mai 1907 in Stettin, Pommern, † 14. Juli 1998 in Potsdam

Politiker

Schirdewan wuchs in Breslau auf. In der NS-Diktatur wurde er wegen seiner Mitgliedschaft in der KPD des Hochverrats angeklagt und im Zuchthaus sowie in den Konzentrations- lagern Sachsenhausen und Flossenbürg inhaftiert. In der SED und in der DDR war er in zahlreichen Ämtern tätig. Er galt zeitweise als zweitwichtigster Mann der DDR nach Walter Ulbricht. Nachdem er Ulbricht vielfach kritisiert hatte, sorgte dieser 1958 für den Sturz seines politischen Gegners. Die Anklagerede vor dem ZK des SED hielt Erich Honecker. Schirdewan wurde zum Leiter des Archivwesens in der DDR degradiert. 1990 wurde er von der PDS rehabilitiert.

Christine Schorn

* 1. Februar 1944 in Prag

Schauspielerin

Christine Schorn gehörte jahrzehntelang zum Ensemble des Deutschen Theaters Berlin. Sie spielte in über 150 Fernseh- und Filmproduktionen in der DDR und im wiedervereinten Deutschland mit.

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© gemeinfrei

Kurt Schwaen

* 21. Juni 1909 in Kattowitz, Oberschlesien, † 9. Oktober 2007 in Berlin

Komponist

Schwaen arbeitete mit Bertholt Brecht zusammen. Er war 2. Sekretär im Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR. Sein Werk umfasst Kompositionen in allen Gattungen der Musik.

Siegfried Höchst

* 26. Juli 1939 in Neu Trakehnen, Ostpreußen; † vermutlich 13. Dezember 1991 in Berlin

Schauspieler und Regisseur

Die Familie flüchtete im Winter 1944 aus Ostpreußen und gelangte nach Tannenbergsthal im Vogtland. Als junger Mann engagierte sich Höchst in der SED. Nach einem dreijährigen Dienst in der Nationalen Volksarmee begann er ein Schauspielstudium in Berlin. Höchst war unter anderem am Deutschen Theater in Berlin, am Hans-Otto-Theater in Potsdam und am Volkstheater Rostock tätig. Ab 1971 begann seine Karriere als Regisseur.

© Bundesarchiv, Bild 183-1984-0618-408

Günter Mittag

* 8. Oktober 1926 in Stettin, Pommern, † 18. März 1994 in Berlin

Politiker

Mittag war Wirtschaftsexperte und galt als zweiter Mann nach Erich Honecker. Mit Franz Josef Strauß handelte er 1983 den sogenannten Milliardenkredit für die DDR aus. Nach der Wiedervereinigung wurde Mittag als Haupt- verantwortlichem in der Wirtschafsplanung vorgeworfen, seine Inkompetenz habe erheblich zur Wirtschaftskrise und zum Zusammenbruch der DDR beigetragen.

© MDR Mitteldeutscher Rundfunk

Ursula Karusseit

* 2. August 1939 in Elbing, Ostpreußen, † 1. Februar 2019 in Berlin

Schauspielerin

Karusseit war in der DDR eine beliebte Theater-, Fernseh- und Kinoschauspielerin, die ihre Karriere auch nach der Wiedervereinigung fortsetzen konnte. Sie spielte in unzähligen Filmen und Serien, u.a. auch im dem Fernsehfilm „Wege übers Land“.

© Blömke/Kosinsky/Tschöpe Hans Modrow

Hans Modrow

* 27. Januar 1928 in Jasenitz, Pommern, † 10. Februar 2023 in Berlin

Politiker

Modrow war 1989/90 während der friedlichen Revolution der vorletzte Ministerpräsident der DDR. Zuvor war er Erster Sekretär der SED des Bezirks Dresden und galt kurzzeitig als Hoffnungsträger für diejenigen, die die DDR demokratisieren wollten aber keine Vereinigung mit der Bundesrepublik anstrebten. Bei den Volkskammerwahlen am 18. März 1990 unterlag seine Partei, Modrow musste als Regierungschef zugunsten von Lothar de Maizière (CDU) zurücktreten.

Willi Sitte

© gemeinfrei

Willi Sitte

* 28. Februar 1921 in Kratzau, Sudetenland, † 8. Juni 2013 in Halle (Saale)

Maler

Sitte hatte einen deutschen Vater und eine tschechische Mutter. 1946 wurde er aus seiner Heimat vertrieben. 1951 wurde er Dozent und 1959 Professor an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle (Saale). Er war von 1974 bis 1988 Präsident des Verbands der Bildenden Künstler der DDR.

© Bundesarchiv, Bild 183-1988-0704-410

Heinz Keßler

* 26. Januar 1920 in Lauban, Niederschlesien, † 2. Mai 2017 in Berlin

Politiker

Keßler war von 1985 bis 1990 Verteidigungsminister der DDR. Weiterhin war er Mitglied der Volkskammer und des Ministerrats. In den Mauerschützenprozessen wurde er 1993 wegen Totschlags zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Bis zu seinem Tod rechtfertigte er die Herrschaft der SED.

© gemeinfrei

Armin Mueller-Stahl

* 17. Dezember 1930 in Tilsit, Ostpreußen

Schauspieler

Stahl ist der einzige deutsche Filmstar, der sowohl in beiden deutschen Staaten als auch in Hollywood Erfolg hatte. Fast 30 Jahre spielte er Rollen am Theater und beim Film in Ost-Berlin. 1980 verließ er die DDR. Er konnte seine Karriere im Westen fortsetzen.

Ursula Staack

* 10. Oktober 1943 in Warnsdorf, Sudetenland

Schauspielerin, Sängerin und Kabarettistin

Ursula Staack trat meist in Komödien auf – in der DDR ebenso wie nach der Wende im wiedervereinigten Deutschland

Wolfgang Stumph

* 31. Januar 1946 in Wünschelburg, Schlesien

Schauspieler und Kabarettist

Kurz nach der Geburt wurde die Familie aus Schlesien vertrieben und siedelte sich in Dresden an. Nach einer Lehre als Kesselbauer und einem Studium der Ingenieurpädagogik absolvierte er die staatliche Schauspielausbildung der DDR. Der Durchbruch gelang Stumph kurz nach der Wende 1991 als Deutschlehrer Udo Struutz in dem erfolgreichen Kinofilm Go Trabi Go. Seitdem ist er auch in weiteren Rollen z.B. als Kommissar „Wilfried Stubbe“ oder „Wolle Stankoweit“ einem breiten Publikum bekannt.

© Deutsche Fotothek / Morgenstern, Barbara

Brigitte Birnbaum

* 29. Mai 1938 in Elbing, Ostpreußen

Autorin

Brigitte Birnbaum absolvierte nach dem Abitur eine Ausbildung zur Apothekenhelferin. Anschließend studierte sie Literatur am Leipziger Literaturinstitut und wurde Antiquarbuchhändlerin. Seit 1968 ist sie freischaffende Autorin und durch viele Kinder- und Jugendbücher bekannt.

Manfred Kossok

* 18. Mai 1930 in Breslau, Niederschlesien, † 27. Februar 1993 in Leipzig

Historiker

Manfred Kossok absolvierte 1944/1945 eine Lehre als Schuhmacher. Nach dem Krieg wurde er ins Lager Lamsdorf interniert, 1947 entlassen und in die SBZ vertrieben. Von 1950 studierte er Geschichte, Literatur und Philosophie in Leipzig. Er promovierte und habilitierte und war von Anfang der 1960er Jahre bis 1992 ordentlicher Professor für Allgemeine Geschichte der Neuzeit an der Universität Leipzig. Kossok war nicht nur ein angesehener Historiker in der DDR, sondern erlangte durch seine Gastprofessuren in Nord- und Südamerika auch international hohe Anerkennung.

Eckhard Netzmann

* 16. August 1938 in Metschlau, Niederschlesien

Ingenieur und Generaldirektor

Netzmann war Generaldirektor des Schwermaschinenbaukombinats Ernst Thälmann und stellvertretender Minister für Schwermaschinen und Anlagenbau der DDR.

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Lothar Bisky

* 17. August 1941 in Zollbrück, Landkreis Rummelsburg in Pommern, † 13. August 2013 in Leipzig

Kulturwissenschaftler und Politiker

Die Familie von Lothar Bisky verschlug es nach der Flucht aus Pommern nach Schleswig-Holstein. 1958 ging Bisky allein in die DDR, machte dort das Abitur und studierte Philosophie und Kulturwissenschaften. Er promovierte zwei Mal. 1979 nahm er den Ruf der Humboldt-Universität als Honorarprofessor an und war von 1980 bis 1986 Dozent an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee der SED. 1986 folgte er dem Ruf als ordentlicher Professor für Film- und Fernsehwissenschaft an die Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg, deren Rektor er ebenfalls von 1986 bis 1990 war. Nach 1990 war er Mitglied des Landtages Brandenburg, des Deutschen Bundestages und des Europäischen Parlaments für die Linksparteien.

© Bundesarchiv, Bild 183-1984-0704-400

Egon Krenz

* 19. März 1937 in Kolberg, Pommern

Politiker

Krenz war Regierungschef der DDR während der friedlichen Revolution vom 18. Oktober bis 6. Dezember 1989. Als Nachfolger von Erich Honecker war er Generalsekretär des ZK der SED sowie Staatsratsvorsitzender und Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates der DDR. In den Mauerschützenprozessen wurde er 1997 zu sechseinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, von denen er vier Jahre verbüßte.

Anni Neumann

* 13. November 1926 in Stettin, Pommern

Schiffbaumeisterin und Politikerin

Neumann war Facharbeiterin für Stahlschiffbau auf der Neptun Werft in Rostock. Sie war die erste Schiffbaumeisterin der DDR. Sie gehörte als SED-Politikerin von 1954 bis 1986 der Volkskammer und von 1964 bis 1971 dem Staatsrat der DDR an.

Wolfgang Thierse

© gemeinfrei

Wolfgang Thierse

* 22. Oktober 1943 in Breslau

Germanist und Politiker

Thierse arbeitete in der DDR als Lektor. Während der friedlichen Revolution 1989 trat er der SPD bei.

Von 1998 bis 2005 war er Präsident des Deutschen Bundestags, danach bis 2009 Vizepräsident. Er befürwortete eine Gedenkstätte für Flucht und Vertreibung.

Ellen Tiedtke

* 16. März 1930 in Bischofsburg, Ostpreußen, † 1. Februar 2022 in Berlin

Schauspielerin

Tiedtke war Schauspielerin, Kabarettistin und Sängerin, die in der DDR sehr beliebt war. Besonders durch die DDR-Kindersendung „Ellentie“ wurde sie bekannt.

© (Privat)

Urte Blankenstein

21. Dezember 1943 in Pillau, Ostpreußen

Schauspielerin

Urte Blankenstein spielte in Märchenfilmen und anderen Sendungen für Kinder und Jugendliche. Bekannt wurde sie als „Frau Puppendoktor Pille mit der großen klugen Brille“, die sie von 1969 bis 1988 einmal wöchentlich im Abendgruß des DDR-Sandmännchen verkörperte. Es wurden mehr als 1.000 Folgen gesendet.

© Bundesarchiv, Bild 183-1983-0506-026 / CC-BY-SA 3.0

Werner Krolikowski

* 12. März 1928 in Oels, Schlesien, † 27. November 2016

Politiker

Krolikowski war Mitglied des Politbüros des ZK der SED. Von 1960 bis 1973 war er Erster Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden. In der Volkskammer wirkte er 1971 bis 1973 als Mitglied des Ausschusses für Nationale Verteidigung. Dazwischen war er von 1973 bis 1976 Vorsitzender des Ausschusses für Industrie, Bauwesen und Verkehr. Danach wirkte er bis 1989 in verschiedenen Ämtern. Nach seinem Rücktritt während der friedlichen Revolution wurde er aus der SED ausgeschlossen.

Günter Oldenburg

* 1. Juli 1930 in Daber, Pommern, † 8. April 2016 in Berlin

Radrennfahrer

Oldenburg kam als Flüchtling 1945 nach Berlin. 1947 begann er bei Derby Pankow mit dem Radrennsport. Bei den DDR- Meisterschaften im Bahnrennsport wurde er sechs Mal Deutscher Meister. 1960 ging er in den Westen und erzielte auch dort noch weitere Erfolge. Oldenburg war bis ins hohe Alter im Radrennsport erfolgreich aktiv.

Helga Paris

* 21. Mai 1938 in Gollnow, Pommern

Fotografin

Helga Paris studierte Modedesigner und arbeitete als Grafikerin, bevor die Fotografie zu ihrem Leben wurde. Sie – die seit den 1960er Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Berlin, Prenzlauer Berg hatte – wird als Chronistin des DDR-Alltags bezeichnet, weil sie hauptsächlich ihre nähere Umgebung – Nachbarn, Familie und Menschen um sich herum fotografierte. Ihr Beobachtungstalent, gepaart mit fotografischen Professionalität, hat den DDR-Alltag für die Nachwelt festgehalten.

Johanna Töpfer

© Bundesarchiv, Bild 183-1986-0617-036 / Mittelstädt, Rainer / zCC-BY-SA 3.0

Johanna Töpfer

* 3. April 1929 in Schneidemühl, Westpreußen, † 7. Januar 1990 in Berlin

Politikerin

Töpfer war von 1971 bis 1989 Mitglied des ZK der SED. Weiterhin bekleidete sie das Amt der Stellvertretenden Vorsitzenden des FDGB (Freier deutscher Gewerkschaftsbund). Von 1976 bis 1990 war sie Abgeordnete in der Volkskammer der DDR.

Angelika Waller

* 26. Oktober 1944 in Bärwalde in der Neumark

Schauspielerin

Waller war als Schauspielerin ein Publikumsliebling in der DDR. Seit den 1970er Jahren war sie auch Dozentin, später Professorin an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. Seit 2010 ist sie Gastprofessorin am Mozarteum in Salzburg. Sie arbeitete auch als Synchronsprecherin und Regisseurin.

© Bundesarchiv, Bild 183-64094-006-Teil 2 / Sturm, Horst

Lothar Bolz

3. September 1903 in Gleiwitz, Oberschlesien, † 29. Dezember 1986 in Ost-Berlin

Politiker

Lothar Bolz war von 1953 bis 1965 Außenminister der DDR. Bolz studierte Jura und schloss das Studium mit der Promotion ab. Bis 1933 arbeitete er als Rechtsanwalt in Breslau.

1933 wurde er wegen Verteidigung von Nazigegnern aus der schlesischen Anwaltskammer ausgeschlossen. Er emigrierte im Oktober 1933 in die Sowjetunion.

Dort arbeitete er als Journalist und Lehrer für deutsche Sprache und Literatur. 1947 kehrte er nach Deutschland zurück. Er war Mitgründer und Vorsitzender der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NDPD).

Walter Kupferschmidt

* 15. März 1931 in Einsiedel, Sudetenland, † 1. Mai 2019 in Berlin

Ökonom

Kupferschmidt war Ökonom und Generaldirektor des Außenhandelsbetriebs Chemie Export/Import und Rektor der Hochschule für Ökonomie in Ost-Berlin.

Monika Lennartz

* 26. Februar 1938 in Stettin, Pommern

Schauspielerin

Lennartz ist Theater-, Fernseh- und Filmschauspielerin und gehörte zu den bekanntesten DDR-Schauspielerinnen. 1982 erhielt sie den Goethe-Preis der Stadt Berlin.

Jessy Rameik

* 18. April 1934 in Riga, Lettland, † 31. August 2018 in Berlin

Schauspielerin

Rameik war als Schauspielerin und Sängerin Publikumsliebling und spielte in zahlreichen Filmen der DEFA mit.

Karla Runkehl

* 7. November 1930 in Stettin, Pommern, † 24. Dezember 1986 in Kleinmachnow

Schauspielerin

Runkehl wurde bekannt durch ihre Rolle als Änne Harms in der Großproduktion über den Kommunistenführer Ernst Thälmann (1954).

© gemeinfrei

Joachim Wanke

* 4. Mai 1941 in Breslau, Niederschlesien

Theologe und Bischof

Nach der Vertreibung aus Schlesien fand die Familie Wanke in Ilmenau in Thüringen eine neue Bleibe. 1960 begann Wanke das Theologiestudium in Erfurt und empfing 1966 die Priesterweihe. 1980 wurde er zum ordentlichen Professor für Exegese des Neuen Testaments berufen und zum Weihbischof von Erfurt ernannt. Die Bischofsweihe empfing Wanke am 26. November 1980 durch den damaligen Berliner Bischof und späteren Kölner Kardinal Joachim Meisner, der ebenso aus Breslau stammt. Zum Apostolischen Administrator des Bischöflichen Amtes Erfurt-Meiningen wurde Wanke zwei Monate später ernannt. Als nach der Wiedervereinigung die Neugründung des Bistums Erfurt 1994 erfolgte, war Wanke bis zur Emeritierung 2012 Bischof von Erfurt.

© Bundesarchiv, Bild 183-1989-0901-038 / Mittelstädt, Rainer

Oskar Fischer

19. März 1923 in Asch, Sudetenland, † 2. April 2020 in Berlin

Politiker

Oskar Fischer war von 1975 bis 1990 Minister für Auswärtige Angelegenheiten der DDR. Fischer behielt sein Amt auch nach dem Sturz von Staatschef Erich Honecker in der Regierung von Hans Modrow. Nach den freien Wahlen am 18. März 1990 zog er sich aus der Politik zurück. Von Beruf war Fischer Schneider. Er profilierte sich in den 1950er Jahren als Parteifunktionär, wurde Botschafter in Bulgarien und studierte später Gesellschaftswissenschaften in Moskau.

Katharina Lind

* 4. Dezember 1936 in Neuwedell, Pommern

Schauspielerin

Lind bleibt wegen ihrer DEFA-Filme in Erinnerung. Sie arbeitete auch als Sprecherin für Dokumentarfilme und als Synchronsprecherin.

© gemeinfrei

Christa Sammler

* 23. Dezember 1932 in Breslau, Niederschlesien

Bildhauerin

Christa Sammler wuchs bei ihrer Tante in Breslau auf.

Ihr künstlerisches Fundament erhielt sie vom Maler Alfred Herzog. Sie studierte an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Seit 1958 arbeitet sie freischaffend als Bildhauerin. In Berlin kann man ihre Skulpturen „Mädchen mit Ball“ und „Mädchen mit Apfel“ (Zweitguss) bewundern.

Hubert Maschek

* 2. September 1939 in Reichenberg, Sudetenland

Ökonom

Maschek war Kombinatsdirektor im VEB Verkehrskombinat Schwerin. Nach der Wiedervereinigung setzte er seine Karriere fort: Bis 2006 war er Vorstandsvorsitzender der Westmecklenburgischen Verkehrs AG.